Attacke in Londoner U-Bahn: "Das ist für Syrien"

Police officers patrol outside Leytonstone Underground station in east London
Police officers patrol outside Leytonstone Underground station in east LondonREUTERS
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Der Messerangriff schürt die Terrorangst. Ex-Premier Tony Blair spricht von einem „Kampf auf Leben und Tod“.

London. Die Angst fährt immer mit. Bis zu 4,5 Millionen Fahrgäste befördert die Londoner U-Bahn pro Tag, und die Wochenenden vor Weihnachten gehören zu den absoluten Spitzenzeiten. Hunderttausende Menschen waren am Samstagabend mit ihren Einkäufen auf dem Heimweg, als eine Messerattacke in der U-Bahn-Station Leytonstone das Gefahrenpotenzial drastisch vor Augen führte.

Mit dem Ruf „Das ist für Syrien!“ stürzte sich der Angreifer auf einen Mann und verletzte ihn schwer. Zwei andere Passanten wurden leicht verletzt. Der Attentäter wurde von der Polizei mit Taserwaffen außer Gefecht gesetzt und festgenommen. Scotland Yard sprach nach ersten Ermittlungen von einem „terroristischen Vorfall“.

Der Angriff hat sich ereignet, nachdem in der Vorwoche das Parlament mit großer Mehrheit für Luftschläge gegen die Terrormiliz IS in Syrien gestimmt hat und die Luftwaffe bereits erste Einsätze gegen Ölfelder geflogen ist. Laut Verteidigungsminister Michael Fallon soll der IS „die volle Kraft der Royal Air Force“ zu spüren bekommen.

Nicht übermäßig beeindruckt zeigte sich derweil der Präsident Syriens, Bashar al-Assad. In einem „Sunday Times“-Interview bezeichnete er das britische Eingreifen als „illegal und schädlich“, da mit Luftschlägen allein die Terroristen nicht bezwungen werden könnten: „Es ist wie mit Krebs. Man muss ihn entfernen, sonst breitet er sich nur schneller aus“, sagte der promovierte Augenarzt.

Alle Beteiligten sind sich einig, dass der IS nur aus der Luft nicht besiegt werden kann. Premier David Cameron behauptete zuletzt aber, die Militärschläge würden „einer Armee von 70.000 moderaten Kräften“ helfen, den Durchbruch zu schaffen. Diese nicht weiter belegte Behauptung wird nicht nur in Großbritannien vielfach bezweifelt. Assad machte sich darüber lustig: „Wo sind die 70.000, von denen er spricht? Es gibt nicht einmal 7000.“

Forderung nach rascher Einsatzgruppe

Camerons Vorvorgänger, Tony Blair, der 2003 an der Seite der USA in den Irak-Krieg gezogen ist, meint, die Konfrontation gegen den IS sei ein „Kampf auf Leben und Tod“. Er forderte die Schaffung von Sicherheitszonen in Syrien und das Eingreifen einer raschen Einsatzgruppe gegen Jihadisten: „Sie tragen uns den Kampf an. Die Bedrohung ist global.“

Der Kampf wird auch im eigenen Land geführt. Doch Extremismusexperte Charles Winter zeigte sich über die Herstellung eines Terrorzusammenhangs durch die Polizei besorgt. „Wir können davon ausgehen, dass unsere Behörden das nicht ohne Grund tun“, sagte er der BBC. „Aber zugleich ist so eine Behauptung ein Propagandacoup für die Terroristen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2015)

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