UN-Bericht: Folter "tief verwurzelt" in Chinas Justiz

Chinas Präsident Xi Jinping sieht sich mit schweren Vorwürfen der UNO konfrontiert.
Chinas Präsident Xi Jinping sieht sich mit schweren Vorwürfen der UNO konfrontiert.REUTERS
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Das UN-Anti-Folter-Komitee erhebt schwere Vorwürfe gegen Peking und gibt Handlungsempfehlungen ab. Eine Umsetzung wird kaum geschehen.

UN-Experten haben Folter und Willkür in China angeprangert. In einem Bericht zeigt sich das UN-Anti-Folter-Komitee "ernsthaft besorgt über übereinstimmende Berichte, die darauf hindeuten, dass die Praxis von Folter und Misshandlungen im chinesischen Justizsystem weiter tief verwurzelt ist". Die Regierung in Peking wies die Vorwürfe am Donnerstag wenig überraschend zurück.

China fördere die Rechtsstaatlichkeit und unternehme auch große Anstrengungen im Kampf gegen Folter, sage Außenamtssprecherin Hua Chunying. Internationale Menschenrechtsgruppen begrüßten den Bericht, den das UN-Komitee am Vortag in Genf vorgelegt hatte. Er sende ein "klares Signal", dass die Weltgemeinschaft "die Verleugnung dokumentierter Fakten durch China durchschaut", wie Sharon Hom von Human Rights in China (HRiC) sagte. Sie sprach von einem "Leitfaden", was China tun müsse, um seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen.

Welle von Festnahmen

Der Bericht äußert sich "tief besorgt" über die beispiellose Welle von Festnahmen und Verhören von 200 Anwälten, Kanzleimitarbeitern und Aktivisten seit dem Sommer. 25 stünden nach Berichten noch unter Bewachung an unbekannten Orten, während vier vermisst seien. Die Verfolgung von Anwälten nehme zu, stellen die UN-Experten fest. Es gebe Inhaftierungen unter vage definierten Vorwürfen wie "Streit anzetteln und Ärger provozieren" sowie Misshandlungen in Haft.

Das Komitee würdigt chinesische Bemühungen im Kampf gegen Folter, sieht die Missstände aber eng mit dem System verbunden. Es stütze sich "übermäßig auf Geständnisse als Grundlage für Verurteilungen". Zu Folter und Misshandlungen komme es meist während Inhaftierungen vor den Prozessen in illegaler Haft durch Polizeibeamte, die "während der Ermittlungen über übermäßige Macht verfügen, ohne durch Staatsanwaltschaft oder Justiz wirksam kontrolliert zu sein".

Ernsthaft besorgt äußert sich das zehnköpfige Komitee auch über Änderungen der Strafprozessordnung, wonach Personen an einem "bestimmten Ort" bis zu sechs Monate festgehalten werden können, wenn es um Vorwürfe wie "Gefährdung der Staatssicherheit", "Terrorismus" oder "schwere Bestechung" gehe oder wenn ein Hausarrest zuhause die Ermittlungen beeinträchtigen könnte. Ermittler könnten auch einen Kontakt mit einem Anwalt auf unbestimmte Zeit verhindern.

Keine Zahlen über Todesfälle in Haft

Beunruhigt zeigen sich die Experten auch über Vorwürfe, wonach Todesfälle in Haft das Ergebnis von Misshandlungen oder einem Mangel an medizinischer Behandlung gewesen seien. Namentlich genannt wurden die 2014 in Haft ums Leben gekommene Bürgerrechtlerin Cao Shunli und der tibetische Führer Tenzin Delek Rinpoche, der im Sommer starb. Die chinesische Seite habe trotz Anfragen des UN-Komitees keine Zahlen über Todesfälle in Haft vorgelegt, hieß es.

Der Bericht kritisiere nicht nur Folter, sondern prangere das gesamte System in China an, meinte Kai Müller von der International Campaign for Tibet (ICT). Als fundamentale Übel würden besonders der Mangel an Unabhängigkeit der Justiz und der Einfluss der Partei genannt. "Der Bericht spiegelt auch Alarm über die Versuche Chinas wider, die Kritik an seinen Menschenrechten zu untergraben und die Realität zu verfälschen", sagte Müller.

Es ist die fünfte Überprüfung Chinas nach der Anti-Folter-Konvention. Die Erfüllung früherer Empfehlungen der UN-Experten sei "bestensfalls oberflächlich" gewesen, kritisierte Sophie Richardson von Human Rights Watch. Indem keine Ernsthaftigkeit gezeigt werde, lehne China den wesentlichen Zweck dieser UN-Überprüfungen ab und "verstärkt die Leiden der Folterüberlebenden". Der Bericht gibt China ein Jahr Zeit, um über Fortschritte in den kritisierten Bereichen zu antworten.

Menschenrechtsanwalt kommt vor Gericht

Ein jüngstes Beispiel der restriktiven Politik Chinas ist jenes von Pu Zhiqiang, dem ehemaligen Anwalt von Künstler und Dissidenten Ai Weiwei. Wie am Donnerstag bekannt wurde, wird dem Menschenrechtsanwalt vorgeworfen "zu ethnischem Hass angestachelt" sowie "Streit und Ärger provoziert zu haben". Ihm drohen bis zu acht Jahre Haft, teilte sein Anwalt Mo Shaoping am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP mit.

Ein Gericht werde sich am Montag mit den Vorwürfen befassen, die sich auf Kommentare des 50-jährigen Pu im Internet beziehen. Pu war im Juni vergangenen Jahres festgenommen worden. Seine Verteidigung vermutet politische Motive hinter der Anklage.

(APA/dpa)

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