Asylplan von Wien und Berlin: Reisefreiheit für Flüchtlinge limitiert

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Die Kanzleramtsminister Josef Ostermayer und Peter Altmaier arbeiten an einer neuer EU-Asylregelung. Deren Durchsetzung wird aber schwierig.

Wien. Die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, und Österreichs Bundeskanzler, Werner Faymann, haben in den vergangenen Monaten kaum eine Gelegenheit ausgelassen, zu demonstrieren, dass sie bei der Bewältigung des Flüchtlingsansturms an einem Strang ziehen. Seit mehreren Wochen ist die Achse Wien−Berlin dabei, ein Konzept für eine radikale Neuregelung des Asylrechts in der EU samt einer europaweiten Aufteilung der Flüchtlinge zu finden. Im Jänner werden die beiden Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) und sein deutscher Amtskollege, Peter Altmaier (CDU), die federführend mit der Aufgabe betraut sind, zu weiteren Beratungen zusammentreffen.

Die in einem ersten Papier zusammengefassten Eckpunkte haben eine radikale Neuordnung des EU-Asylwesens zum Ziel. So soll die Reisefreiheit von Flüchtlingen eingeschränkt werden. Zugleich sieht der Plan die Überstellung von Asylwerbern in einzelne EU-Staaten nach einem Quotensystem vor. Genau hier gibt es aber einen entscheidenden Haken. Denn schon bisher gibt es etwa von osteuropäischen Staaten Widerstand gegen die Zuteilung von Flüchtlingen. Damit wird allerdings auch die Umsetzung des deutsch-österreichischen Vorschlags überaus schwierig. Allerdings wird im Bundeskanzleramt in Wien argumentiert, mit dem geltenden System stoße man bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise ebenfalls an Grenzen.

Anträge nur in Erstaufnahmezentren

Asylanträge sollen laut Papier künftig ausschließlich an Hotspots, also in Erstaufnahmezentren der EU entlang von Flüchtlingsrouten, gestellt werden können. Von den EU-Außengrenzen oder bei einer illegalen Einreise sollen Flüchtlinge zum nächsten Hotspot transportiert werden. Dort ist eine erste rasche Klärung vorgesehen, ob Gründe dagegen sprechen, eine Person zum Asylverfahren zuzulassen (das wäre beispielsweise der Fall, wenn es sich um einen Folgeantrag nach früherer Ablehnung handelt). Gleichzeitig erfolgt eine Registrierung.

Wird ein Flüchtling zum Asylverfahren zugelassen, wird er in den jeweils zuständigen EU-Staat überstellt, wobei dies durch eine spezielle EU-Organisation durchgeführt werden soll. Das setzt freilich voraus, dass zuvor eine verbindliche Quote zur Aufteilung der Flüchtlinge festgelegt wurde. Die Umsetzung dieses Punktes, das lässt sich unschwer vorhersagen, wird große Probleme bereiten. Gegen die Zuteilung nach dieser Quote könnte ein Asylwerber kein Rechtsmittel vorbringen.

Abgewickelt würde das Asylverfahren im laut Quote jeweils zuständigen EU-Mitgliedstaat, wobei eine Vereinheitlichung der Standards für das Verfahren angestrebt wird. Über die Folgen bei einem negativen Asylbescheid dürfte hingegen grundsätzlich rasch Einvernehmen zu erzielen sein. Wird ein Antrag abgelehnt, ist nach dem Papier die Abschiebung (Rückführung) in das Herkunftsland – oder in einen sicheren Drittstaat – vorgesehen. Rücknahmeabkommen mit Krisenländern sollen dann nur mehr durch die EU abgeschlossen werden.
Während des Verfahrens besteht für Asylwerber keine Reisefreiheit. Aber auch für Asylberechtigte ist eine deutliche Einschränkung geplant. In den ersten fünf Jahren nach Zuerkennung des Asylstatus dürfen Betroffene das zuständige EU-Mitgliedland nur nach Meldung und vorheriger Genehmigung verlassen. Wird ein Asylberechtigter ohne Genehmigung in einem anderen EU-Staat aufgegriffen, muss das für ihn zuständige EU-Mitgliedsland diesen wieder übernehmen. Auch dieser Punkt liefert Zündstoff. Schließlich werden sämtliche Sozialleistungen für Flüchtlinge an den legalen Aufenthalt im EU-Staat geknüpft.

Neben Deutschland und Österreich sollen in der Folge weitere EU-Staaten, die eine Neuordnung der Flüchtlingsaufteilung wollen, in die Beratungen eingebunden werden. Allein die Tragweite der Reform ist allerdings Indiz dafür, dass das Modell kurzfristig europaweit kaum zum Tragen kommen wird.

Mit den Grünen gibt es insofern Einigkeit, als auch diese am Dienstag den Aufbau eines neuen Asylsystems in der EU verlangt haben. Sie drängen aber auch auf einen „Asyl-Masterplan“ in Österreich.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2015)

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