Burundi: Auf der Suche nach Frieden

Ein Soldat der burundischen Armee auf Patrouille in Bujumbura. Die Nachbarländer setzen auf neue Friedensgespräche, um den blutigen Konflikt zu beenden.
Ein Soldat der burundischen Armee auf Patrouille in Bujumbura. Die Nachbarländer setzen auf neue Friedensgespräche, um den blutigen Konflikt zu beenden.(c) APA/AFP/MARCO LONGARI
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Die Gewalteskalation schürt die Angst vor ethnischem Konflikt zwischen Hutus und Tutsis. Friedensgespräche zwischen Regierung und Opposition sollen die Abwärtsspirale beenden.

Bujumbura/Wien. Blutvergießen, Massaker, Bürgerkrieg, inzwischen sogar Völkermord: Seit acht Monaten eskaliert die Krise im ostafrikanischen Staat Burundi, und mit der steigenden Zahl der Opfer werden auch die Szenarien immer drastischer, vor denen Beobachter warnen. Aus Angst vor einem neuen Flächenbrand in der von Gewalt gezeichneten Region hat nun die Ostafrikanische Gemeinschaft, kurz EAC, einen neuen Vorstoß zu den seit Juli unterbrochenen Friedensgesprächen unternommen. Damit hoffen die Nachbarstaaten, das Schlimmste verhindern zu können.

Auftakt der neuen Gesprächsrunde bildete ein Treffen am Montag in Uganda: Vertreter der burundischen Regierung, mehrerer Oppositionsgruppen und der Zivilgesellschaft kamen in Entebbe im Palast des ugandischen Präsidenten, Yoweri Museveni, zusammen, der als Vermittler fungiert. Museveni appellierte an die Konfliktparteien, „eine politische Lösung zu finden, um euer Volk von dem Leiden zu erlösen“. Doch schon bei dem Versuch, einen Termin für die in Arusha, Tansania, geplante Fortsetzung zu finden, gab es Probleme: Der vorgeschlagene 6. Jänner sei für Burundis Regierung indiskutabel, sagte Außenminister Aimé Alain Nyamitwe. Seine Delegation sei dazu nicht konsultiert worden. Die Opposition wirft der Regierung vor, die Gespräche verzögern zu wollen.

Nächtliche Gemetzel

So oder so ist ein Erfolg der Verhandlungen höchst unsicher, bisher scheinen die Positionen unvereinbar. Die Opposition fordert den Rücktritt von Präsident Pierre Nkurunziza, was dieser strikt ablehnt.
Nkurunziza hatte die Krise im Frühjahr ausgelöst, als er sich an der Verfassung vorbei eine dritte Amtszeit sicherte. Auf ursprünglich friedliche Proteste reagierte er mit Repressionsmaßnahmen gegen Oppositionsanhänger. Inzwischen haben sich auch regierungsfeindliche Rebellen bewaffnet. Die Gewalt gipfelte vor zwei Wochen in einem Rebellenangriff auf Kasernen und einer Nacht wahlloser Vergeltungsmorde, in der fast 100 Menschen getötet wurden. Nun vergeht kaum ein Tag ohne Todesopfer.

Längst geht die Angst um, dass der ursprünglich politische Konflikt in ethnische Gewalt umschlagen könnte – bis hin zu einem Völkermord wie in Ruanda. Wie im Nachbarland leben auch in Burundi eine Hutu-Mehrheit und eine Tutsi-Minderheit. Der Bürgerkrieg in Burundi (1993–2006) wurde entlang ethnischer Linien ausgefochten. Mit dem Friedensabkommen von Arusha wurde ein Quotensystem eingeführt, seitdem lebten die beiden Ethnien friedlich miteinander.

Burundi, betonen Experten, sei anders als Ruanda, wo Hutu-Extremisten 1994 Tutsis und moderate Hutus zu Hunderttausenden abschlachteten. Doch inzwischen gibt es im Regierungslager immer mehr Stimmen, die den Konflikt zu einer ethnischen Auseinandersetzung stilisieren. Dazu zählt auch Präsident Nkurunziza, ein Hutu, der damit offenbar hofft, seine Macht zu erhalten. Die Vergeltungsangriffe von Regierungsanhängern vor zwei Wochen sollen sich laut Augenzeugen mehrheitlich gegen Tutsis gerichtet haben. Befürchtet wird, dass sich beide Bevölkerungsgruppen tatsächlich gegeneinander aufbringen lassen, wenn die Gewalt anhält.

Von den rund 200.000 Flüchtlingen, die in der Krise bisher das Land verlassen haben, sind mehr als 73.000 ins Nachbarland Ruanda geflohen. Der dortige Präsident Paul Kagame – ein Tutsi, der den Völkermord 1994 als Rebellenführer militärisch beendete – hat vor einer Woche Anschuldigungen harsch zurückgewiesen, dass er den Aufbau einer Rebellentruppe aus burundischen Flüchtlingen unterstütze. Doch allein die Vorwürfe zeigen, wie groß die Spannungen sind. Vor einigen Tagen kündigte ein früherer Armeeoffizier, Edouard Nshimirimana, die Gründung einer Rebellenfront an, die Nkurunziza aus dem Amt jagen soll – auch das kann die Lage weiter eskalieren lassen.

Eine AU-Friedenstruppe?

Vor diesem Hintergrund machen auch UN, Afrikanische Union (AU) und westliche Staaten Druck auf die Verhandlungen. Die AU hat zudem die Entsendung einer 5000 Mann starken Friedenstruppe nach Burundi beschlossen, um ein weiteres Abdriften des Landes in Gewalt zu verhindern – notfalls auch ohne Zustimmung aus Bujumbura.

Präsident Nkurunziza macht bisher aber keinerlei Anstalten, über seine Position zu verhandeln. Und eine AU-Friedenstruppe, stellte er klar, werde als Versuch einer feindlichen Besetzung angesehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2015)

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