Der Präsident kündigte unter Tränen ein strengeres Waffenrecht an.
Washington. So etwas hat es in den USA bisher nicht gegeben: Ein Präsident bricht vor laufender Kamera in Tränen aus. Barack Obama spricht über den Amoklauf in Newtown im Dezember 2012, als ihn die Gefühle übermannen. 20 Volksschüler wurden damals erschossen. „Jedes Mal, wenn ich an diese Kinder denke, werde ich wahnsinnig“, sagt Obama. Deshalb umgeht der Präsident nun den Kongress. Obama kündigt in seiner Rede ein strengeres Waffenrecht an, das er unter Rückgriff auf seine Exekutivvollmachten im Alleingang in Kraft setzt.
Es dauert nicht lange, bis die US-Waffenlobby National Rifle Association (NRA) Widerstand ankündigt. Obamas Vorgehen grenze an Machtmissbrauch und solle Waffenbesitzer zu „Sündenböcken“ machen, erklärt NRA-Vertreter Chris Cox. „Wir werden nicht zulassen, dass rechtschaffene Waffenbesitzer schikaniert und eingeschüchtert werden, weil sie einer gesetzlichen, von der Verfassung geschützten Aktivität nachgehen.“ Eine Anspielung auf den berüchtigten zweiten Zusatzartikel zur Verfassung, in dem das Recht auf privaten Waffenbesitz verankert ist.
Obama hat schon zuvor erklärt, dieses Recht würde durch seine Reformen nicht grundsätzlich infrage gestellt. Im Kern beinhalten Obamas Erlässe eine bessere Überprüfung von Schusswaffenkäufern. Bisher hat es Ausnahmen etwa bei Waffenmessen oder bei Verkäufen über das Internet gegeben. Nach Angaben des Weißen Hauses sollen die neuen Regeln nun sicherstellen, dass „jeder, der im Geschäft des Waffenverkaufs tätig ist, eine Lizenz besitzt und Hintergrund-Checks bei seinen Kunden durchführt“.
Das FBI soll zugleich die Datenbank für die Überprüfung effizienter gestalten und dafür mehr als 230 neue Mitarbeiter einstellen. Auch die wissenschaftliche Forschung für eine sicherere Waffentechnologie wird künftig stärker gefördert – beispielsweise bei der Entwicklung von Fingerabdruck-Scannern für Pistolen und Gewehre. Mehr Geld gibt es für die Behandlungen von psychischen Erkrankungen.
Ted Cruz ortet Verfassungsbruch
Obamas Vorstoß ist für die republikanischen Präsidentschaftskandidaten ein gefundenes Fressen: Bewerber Jeb Bush will die Erlässe im Falle eines Wahlsiegs rückgängig machen. Sein texanischer Konkurrent Ted Cruz schrieb auf Twitter ohne nähere Ausführungen, er werde die Verfassung gegen Obamas Pläne verteidigen. (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2016)