Ukraine-Konflikt: Moskau schickt neuen Verhandler in den Ring

Der Putin-Vertraute Boris Gryslow könnte mit dem Segen des Kremls Bewegung in die Minsker Kontaktgruppe bringen. Moskau will vor allem die Föderalisierung des Landes vorantreiben – Kiew sieht das skeptisch.

Moskau/Kiew/Wien. Er gilt als treuer Soldat des russischen Präsidenten – und als solcher soll Boris Gryslow nun im schwelenden Krieg in der Ostukraine zu Russlands Gunsten verhandeln. Gryslow ist der neue Chefverhandler Moskaus bei der Minsker Kontaktgruppe, die den bewaffneten Konflikt im Donbass lösen soll.

Das erste Treffen der trilateralen Kontaktgruppe mit Vertretern Russlands (und der prorussischen Separatisten), der Ukraine und der Organisation für Sicherheitund Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in diesem Jahr findet am heutigen Mittwoch statt. Schon am gestrigen Montag traf Gryslow seinen alten Bekannten Kutschma in Kiew für Vorbesprechungen.

In Wladimir Putins Russland hat Gryslow schon mehrere wichtige Ämter bekleidet: Er war Innenminister, Führungsfunktionär der Kreml-Partei „Einiges Russland“ sowie lange Jahre Sprecher der Staatsduma, über die er einmal sagte, sie sei „kein Platz für politische Kämpfe“. Nach acht Jahren im Amt als Parlamentspräsident musste er zurücktreten. Es waren jene eiskalten Winterwochen nach der Parlamentswahl 2011, als „Einiges Russland“ wegen Fälschungsvorwürfen am Pranger stand. Ab da war er nur noch ständiges Mitglied im Nationalen Sicherheitsrat. Nicht zum ersten Mal in seiner Karriere hat der 1950 im fernen Wladiwostok geborene Gryslow mit der Ukraine zu tun.

Alter Bekannter von Leonid Kutschma

Zur Zeit der Kiewer Maidan-Proteste im Winter 2004 – des Machtkampfes zwischen Viktor Janukowitsch und seinem Herausforderer Viktor Juschtschenko – nahm er als Russlands Vertreter bei Verhandlungen am Runden Tisch in Kiew teil. Damals wie heute heißt sein ukrainisches Gegenüber Leonid Kutschma, einst Gerade-noch-Präsidente, heute Verhandlungsführer Kiews bei der Kontaktgruppe.

Gryslows Ernennung (er ersetzt den bisherigen russischen Diplomaten Asamat Kulmuhametow) werten Kommentatoren als Zeichen, dass der Kreml den Donbass (wieder) zur „Chefsache“ erklärt hat. „Anders als sein Vorgänger kann Gryslow mit der Autorität des Kreml verhandeln“, schreibt etwa Anders Aslund in einer Analyse für den US-Think Tank „Atlantic Council“. Die Lage in der Ostukraine ist einigermaßen verzwickt. Noch immer ist nur ein kleiner Teil der 13 Punkte des als „Minsk II“ bezeichneten Abkommens vom Februar 2015 umgesetzt. Insbesondere der Ablauf der nächsten Schritte zur Deeskalierung ist umstritten.

Kreml will Verfassungsreform

Russlands Präsident Wladimir Putin vertrat kürzlich in einem „Bild“-Interview die Meinung, dass Kiew zunächst die im Land umstrittene Verfassungsreform umsetzen müsse, „erst dann können Vertrauensbildung und Grenzsicherung folgen“. Auf ukrainischer Seite definiert man hingegen die Demilitarisierung und Kontrolle der Grenze als prioritär, da von Russland Kämpfer und Militärmaterial in die Separatistengebiete gelangen.

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