Istanbul-Attentäter kam als Flüchtling in die Türkei

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bestätigte, dass der Täter als Flüchtling einreiste. Mit ihm weitere vier Personen, nach denen derzeit gefahndet wird.

Der syrische Selbstmordattentäter von Istanbul ist nach Angaben der türkischen Regierung als Flüchtling in die Türkei eingereist. Das bestätigte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Mittwochabend in Istanbul. Der Attentäter sei nicht als Terrorverdächtiger unter Beobachtung gestanden, sagte der Regierungschef.

Die Zahl der im Zuge der Ermittlungen zum Anschlag Festgenommenen erhöhte sich nach Regierungsangaben auf fünf. Am Mittwoch sei es zu vier weiteren Festnahmen gekommen, sagte Davutoglu. Nach Angaben von Innenminister Efkan Ala war ein erster Verdächtiger bereits am Dienstagabend festgenommen worden.

Die Nachrichtenagentur DHA meldete unter Berufung auf die Polizei, bei seiner Registrierung als Flüchtling seien dem Attentäter namens Nabil Fadli am 5. Jänner in Istanbul Fingerabdrücke abgenommen worden. Diese hätten nun dabei geholfen, den 27-Jährigen als Attentäter zu identifizieren.

Nach vier weiteren Personen wird gefahndet

Fadli sei bei der Registrierung von vier Menschen begleitet worden, nach denen gefahndet werde. Unklar blieb, ob es sich bei diesen vier Gesuchten um die Festgenommenen vom Mittwoch handelte, von denen Davutoglu sprach.

Der Regierungschef sagte, die Verbindung des Attentäters zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sei erwiesen. Er äußerte aber den Verdacht, dass andere "Akteure" den IS als "Subunternehmer" für den Anschlag instrumentalisiert hätten. Wer das sein könnte, werde mit Hochdruck untersucht. Davutoglu warf dem syrischen Regime außerdem vor, "auf schmutzige Weise" mit dem IS zusammenzuarbeiten. Er setzte das aber nicht in direkten Bezug zu dem Anschlag von Istanbul.

Bei dem Anschlag waren zehn deutsche Touristen getötet worden. Sechs Verletzte würden noch in Krankenhäusern behandelt, sagte der Regierungschef. Der Anschlag habe sich aber nicht gezielt gegen Deutsche gerichtet.

Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière sieht deshalb "keinen Grund, von Reisen in die Türkei abzusehen". Es gebe keine Hinweise dafür, dass sich der Anschlag gezielt gegen Deutsche gerichtet habe, sagte auch de Maizière am Mittwoch bei einem Besuch in Istanbul.

Der Deutsche Bundestag gedachte am Mittwoch der Opfer. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) rief dazu auf, sich von dem "brutalen Selbstmordanschlag eines fanatischen Attentäters" nicht verunsichern zu lassen.

De Maizière: "Im Kampf gegen den Terror"

"Wir werden vor dem Terror nicht zurückweichen", sagte de Maizière nach einem Treffen mit seinem türkischen Kollegen Ala in Istanbul, wo er Blumen am Tatort ablegte und verletzte Anschlagsopfer im Krankenhaus besuchte. "Wir stehen entschlossen an der Seite der Türkei im Kampf gegen den Terrorismus." Beide Länder seien bedroht, daher sei eine gemeinsame Antwort nötig. "Deutschland und die Türkei rücken noch enger zusammen."

Ein Ermittlerteam des Bundeskriminalamts (BKA) wurde derweil nach Istanbul entsandt. Es unterstütze die Ermittlungen vor Ort, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin.

Laut der Nachrichtenagentur Anadolu wurden binnen zwei Tagen bis Mittwoch insgesamt 74 mutmaßliche IS-Mitglieder festgenommen. 16 von ihnen stünden im Verdacht, einen schweren Anschlag in Ankara geplant zu haben, meldete Anadolu. Am Mittwoch wurden demnach im Badeort Antalya drei weitere mutmaßliche IS-Kämpfer gefasst. Alle drei seien Russen. In Adana seien 17 mutmaßliche Jihadisten gefasst worden, darunter drei weitere Russen sowie Tadschiken, Afghanen und ein schwedischer Staatsbürger.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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