Israel hofft auf Militärhilfe

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Die israelische Regierung sieht das Iran-Abkommen als Gefahr. International wurde es durchwegs begrüßt.

Jerusalem. Eine Schlacht ist zwar verloren, trotzdem will Israels Regierungschef, Benjamin Netanjahu, den Kampf noch nicht aufgeben. Ohne die von Jerusalem angestrengten „Maßnahmen für Sanktionen“, so kommentierte er gestern (Sonntag) zu Beginn der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem, „wäre der Iran schon lang eine Atommacht“. Auch nach Auslaufen der Sanktionen gegen Teheran werde Israel weiterhin beobachten, ob der Iran das Abkommen verletzt. Politiker und Militärs sind sich einig, dass der Iran Israels gefährlichster Gegner ist.

Beide Staaten teilen weder eine gemeinsame Grenze noch streiten sie über Land, trotzdem hat Israel in den Amtsjahren des früheren iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad wiederholt einen militärischen Präventivschlag gegen die iranischen Atomanlagen in Aussicht gestellt. Die latente Kriegsdrohung war mit ein Grund für die USA und die EU gewesen, schärfere Sanktionen gegen Teheran zu verhängen. Gleichzeitig belastete der Streit zwischen Washington und Jerusalem über die Mindestforderungen an Teheran die Beziehungen der beiden Verbündeten. Der Tiefpunkt der bilateralen Eiszeit war, als Netanjahu mit einer Rede vor dem US-Kongress versuchte, die US-amerikanische Opposition gegen Präsident Barack Obama und das sich abzeichnende Atomabkommen mit dem Iran zu mobilisieren.

Israels Sorge vor dem erstarkenden Ayatollah-Regime gilt nicht nur der Möglichkeit eines atomaren Angriffs. „Es ist klar, dass dem Iran jetzt größere Ressourcen zur Verfügung stehen, um sie in Terror zu leiten“, warnte Netanjahu. Solange die Verhandlungen dauerten, hatte er stets darauf gedrängt, Teheran eine offizielle Abkehr vom Terror abzuverlangen und Israel anzuerkennen. Sein Augenmerk richtet sich nun auf die Verhandlungen über ein auf erneut zehn Jahre angelegtes militärisches Hilfspaket aus den USA. Israel hofft auf höhere Zahlungen, auch um es besser mit „der iranischen Bedrohung“ aufnehmen zu können, so Israels Regierungschef gestern. Das derzeitige Memorandum umfasst jährlich rund drei Millionen Dollar, die Washington an Jerusalem zahlt. Es läuft im kommenden Jahr aus.

Unter den Feinden Israels bezieht vor allem die libanesisch schiitische Hisbollah Geld und Waffen von ihrem Mäzen Iran. Die Freistellung der eingefrorenen iranischen Gelder und die Aussicht auf Milliarden-Einnahmen durch den Ölexport, der ab sofort wieder möglich ist, könnte nicht nur die leeren iranischen Kassen füllen, sondern auch die der muslimischen Extremisten im Libanon.

Der israelische Geheimdienstspezialist Jossi Melman hält indes auch positive Konsequenzen des in Wien erzielten Abkommens für möglich. Die Öffnung des iranischen Markts zum Westen sei Grund zur Sorge für die Hardliner im Iran. Mit den geschäftlichen Investitionen könnten sich auch westliche Ideen „wie Demokratie, Menschenrechte und sexuelle Freizügigkeit ausbreiten“, was wiederum den Einfluss der extremistischen Geistlichen im Iran und der Revolutionsgarden schwinden lassen würde.

„Nahost wird insgesamt sicherer“

International löste die Umsetzung des Abkommens großteils positive Reaktionen aus. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sprach von einem „bedeutenden Meilenstein“. Ähnlich äußerte sich Deutschlands Außenminister, Frank Walter Steinmeier. Der britische Außenminister, Philip Hammond, sagte, dank jahrelanger Geduld und hartnäckiger Diplomatie werde mit dem Iran-Abkommen der Nahe Osten und die Welt insgesamt sicherer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2016)

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