Trump buhlt um die Evangelikalen

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Der Immobilien-Tycoon inszeniert sich als "Verteidiger" des Christentums. Das britische Parlament führte eine Debatte über ein Einreiseverbot.

Im Ringen um die Stimmen konservativer Wähler hat der US-Republikaner Donald Trump die evangelikalen Christen umgarnt. Bei einem Wahlkampfauftritt vor mehr als 11.000 Zuschauern in der Liberty University, einer Bastion der Evangelikalen im US-Bundesstaat Virginia, versprach der umstrittene Milliardär die Verteidigung des Christentums.

"Wir werden das Christentum schützen", sagte er. "Wenn Sie sich umschauen, was in der Welt passiert - schauen Sie nach Syrien, wenn Sie da Christ sind, hacken Sie Ihnen den Kopf ab." Bei dem Auftritt vor einem überwiegend jungen Publikum präsentierte sich Trump als "stolzer Protestant - Presbyterianer genau genommen, aber sehr stolz darauf".

Ein Auftritt in der Liberty University ist ein Ritual für konservative Präsidentschaftskandidaten von Ronald Reagan in den 80er Jahren bis hin zu Trumps stärkstem parteiinternen Konkurrenten Ted Cruz.

Zum Abtreibungsgegner mutiert

Traditionell sind die Evangelikalen den Republikanern zugeneigt. Doch sie unterstützen eher ein traditionelles Familienbild. Für Trump, der mit zahlreichen Frauen liiert war, einen extravaganten Lebensstil pflegt und lieber markige Sprüche mag als Frömmigkeit, ist dies ein schwieriges Pflaster. In der Frage der Abtreibung wechselte Trump erst kürzlich ins Lager der Abtreibungsgegner. Laut einer Umfrage ist die Meinung eines Präsidentschaftskandidaten zur Abtreibung für zwei Drittel der evangelikalen Christen in den USA wahlentscheidend.

Seinen Glauben hat Trump, der Muslimen die Einreise in die USA verbieten will, im Vorwahlkampf zuletzt immer stärker in den Vordergrund gerückt. Bereits in zwei Wochen - am 1. Februar - findet im Bundesstaat Iowa die erste parteiinterne Vorwahl für die US-Präsidentschatskandidatur der Republikaner statt.

"Trottel" und "Witzbold"

Im Parlament in London ging derweil eine Debatte über ein etwaiges Einreiseverbot Trumps über die Bühne. Abgeordnete apostrophierten ihn als "Trottel", "Witzbold", "Hassprediger" und "gefährlichen Rassisten" - aber ein Einreiseverbot für Donald Trump haben die meisten Redner abgelehnt. "Wir haben ihm schon zu viel Aufmerksamkeit geschenkt", sagte der Labour-Abgeordnete Paul Flyn zur Eröffnung der Debatte.

Der Forderung des US-Präsidentschaftsbewerbers, Muslime nicht in die USA zu lassen, solle man mit Höflichkeit begegnen und ihn einladen, um ihm das multikulturelle Zusammenleben in London zu zeigen. "Wir sollten ihn nicht durch Angriffe noch größer machen."

Trump hatte mit seiner Forderung einen Aufschrei in Großbritannien provoziert. Mehr als 575.000 Menschen hatten bis Montagabend eine Online-Petition unterzeichnet, die ein Einreiseverbot für Trump fordert. Darüber können in Großbritannien aber nicht die Abgeordneten entscheiden, dies könnte nur die Regierung.

Einladung in eine Moschee

Premierminister David Cameron hat Trumps Aussagen zwar verurteilt, es aber abgelehnt, ihn aus dem Land auszuschließen. An der Debatte, die in einem Nebenraum des Parlaments stattfand und für die keine Abstimmung geplant war, nahmen weder der konservative Premier noch Innenministerin Theresa May teil, die für das Einreiseverbot zuständig wäre. Auch Oppositionschef Jeremy Corbyn war nicht dabei. Er hatte am Vortag angeboten, Trump in seinem nordlondoner Wahlkreis Islington mit in die Moschee zu nehmen.

Die meisten Abgeordneten waren sich einig, dass Trumps Äußerungen zwar gefährlich und inhaltlich grundfalsch seien, aber ein Einreiseverbot die falsche Antwort sei. Verschiedene Redner begründeten das mit der Rede- und Meinungsfreiheit, mit der "Märtyrer-Rolle", die man Trump damit zuweise, oder mit der Möglichkeit, dass er tatsächlich US-Präsident werden könnte.

Protest auf Golfplatz

Andere Abgeordnete forderten, ihn "1.000 Meilen von der britischen Küste" fernzuhalten und ein klares Zeichen gegen Diskriminierung von Muslimen zu setzen. Am Vortag hatten rund 40 Trump-Gegner auf zwei schottischen Golfplätzen protestiert, die dem Milliardär gehören. Auch eine Vereinigung schwarzer Anwälte, die Society of Black Lawyers (SBL), hat gefordert, den 69-Jährigen nicht mehr ins Land zu lassen.

Verärgert hat Donald Trump die Briten auch mit seiner Behauptung, Teile Londons seien so radikalisiert, dass Polizisten dort um ihr Leben fürchteten. Trump habe "eindeutig den Verstand verloren", erwiderte Londons Bürgermeister Boris Johnson im Dezember, auch Scotland Yard widersprach. Unter dem Schlagwort #TrumpFacts, Trump-Fakten, hatten Briten den Amerikaner im Netz verspottet, am Montag war die Debatte mit dem Schlagwort "TrumpDebate" eines der beliebtesten Themen im sozialen Netzwerk Twitter.

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