Kampf gegen IS: USA planen Militäraktion in Libyen

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Nach Italien denken nun auch die USA laut über einen Einsatz in Libyen nach. Washington ist über die „Metastasen des IS“ in dem nordafrikanischen Land beunruhigt.

Kairo/Tripolis. Die Gerüchte über eine bevorstehende Militäraktion gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) in Libyen erhärten sich. Wie „Die Presse“ berichtete, kursierte bereits Anfang der Woche ein internes Papier der italienischen Regierung, wonach Rom mit Rückendeckung aus Washington eine Intervention in Libyen plane. Nun stellte auch das US-Verteidigungsministerium klar, dass man verschiedene Optionen für eine „entschiedene militärische Konfrontation“ prüfe. Das Pentagon erklärte, man sei extrem beunruhigt über die „Metastasen des IS in Libyen“. Eine US-Spezialeinheit ist bereits in Libyen aktiv, um Kontakt mit örtlichen Milizen aufzunehmen und die Lage zu erkunden.

Frankreich, Großbritannien und die ehemalige Kolonialmacht Italien werden ebenfalls mitbomben, wie ihre Regierungen nach algerischen Medienberichten Libyens Grenznachbarn Algerien und Tunesien in den vergangenen Tagen mitgeteilt haben. Französische Aufklärungsflugzeuge operieren bereits am Himmel über Libyen. Auch Deutschland schließt nach den Worten des Außenministers Frank-Walter Steinmeier nicht aus, Bundeswehrsoldaten „zur Stabilisierung des Landes“ zu schicken. Berlin denkt nicht an einen Kampfeinsatz gegen den IS. Seine Truppen sollen stattdessen den libyschen Sicherheitskräften helfen, Recht und Ordnung wiederherzustellen, sobald sich die politischen Kontrahenten auf eine Regierung der nationalen Einheit geeinigt haben .

Doch danach sieht es nicht aus. Die Mission des US-Libyen-Vermittlers und deutschen Diplomaten Martin Kobler erlitt einen schweren Rückschlag, weil die verfeindeten Parlamente in Tripolis und Tobruk die in monatelanger Kleinarbeit ausgehandelte Einheitsregierung ablehnten und niederstimmten. Der politische Versöhnungsprozess sei langsamer als die Expansion des Islamischen Staats, kommentierte Kobler den diplomatischen Kollaps, für den er „bestimmte Persönlichkeiten“ verantwortlich machte.

Ähnlich frustriert hat auch das Parlament der Europäischen Union reagiert, deren Nationen sich von der neuen Terrorbastion auf libyschem Boden, 400 Kilometer von seinen Küsten entfernt, mehr und mehr bedroht fühlen. Brüssel kündigte an, man werde gegen die Quertreiber auf beiden Seiten Sanktionen und Einreiseverbote verhängen. Dorn im Auge sind den Europäern vor allem Parlamentspräsident Nouri Abusahmain und Regierungschef Khalifa al-Ghwell in Tripolis sowie Parlamentspräsident Aguila Saleh in Tobruk.

Von dem fortdauernden Chaos profitieren vor allem die IS-Fanatiker des selbst ernannten Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi, die ihre Macht vis-à-vis von Europa immer weiter ausbauen. 3000 Kämpfer sollen sich der Terrormiliz bereits angeschlossen haben. Mitte der Woche verhaftete die algerische Polizei auf dem Flughafen von Algier Hunderte junger marokkanischer IS-Rekruten, die auf der Durchreise nach Tripolis waren. Danach stellte Algerien sofort seinen Flugverkehr mit dem zerfallenen Nachbarstaat ein.

Extremisten wollen Ölprofite

Der 400 Kilometer lange Küstenstreifen von Muammar Gaddafis Geburtsstadt Sirte bis ins östliche Ajdabiyya steht bereits weitgehend unter Kontrolle des IS. Hier wird der Großteil der Ölförderung Libyens verladen, deren Profite die Terrormiliz gern in ihre eigene Kriegskasse lenken würde. Bei Gefechten um die Verladeanlage von Ras Lanuf schossen die Jihadisten kürzlich vier der riesigen Speicher mit insgesamt zwei Millionen Barrel Rohöl in Brand.

„Die Terroristen schaffen Fakten und rauben dem libyschen Volk immer mehr von seinem Territorium“, warnte UN-Diplomat Kobler, „während die Politiker nach wie vor diskutieren.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2016)

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