Iowa: Wieso der weiße Bauernstaat so wichtig ist

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Nur ein Prozent der Amerikaner lebt in diesem sehr konservativen Agrarstaat. Das Ergebnis seiner Vorwahl am Montag ist für die zunehmend städtischen und multikulturellen USA nur begrenzt aussagekräftig.

Washington. Mais, Schweine, Hühner, 92 Prozent Weiße, keine größeren Städte: Iowa liegt mit seinen knapp über drei Millionen Einwohnern zwar geografisch im Herzen der USA, doch kaum ein anderer der Teilstaaten ähnelt den zunehmend urbanen, multiethnischen Vereinigten Staaten im 21. Jahrhundert weniger.

Es ist den schweren parteiinternen Turbulenzen der Demokraten geschuldet, dass Iowa seit 1972 stets als erster Staat seine Bürger über die Auswahl der Präsidentschaftskandidaten entscheiden lässt. Nach den Ausschreitungen während des demokratischen Parteitags 1968 in Chicago beschloss die Parteiführung, die Wähler mindestens 30 Tage vorab über die Vorwahlen in den einzelnen Bundesstaaten zu informieren. Das sollte chaotischen Parteitagen vorbeugen.

Iowas traditionelles System des Caucus – eines Wortes, das auf die indianische Algonquinsprache zurückgeht und in etwa Treffen der Stammesältesten bedeutet – hat vier Stufen. Vor jeder Stufe musste es 30 Tage Ankündigungsfrist geben, und weil es im Juni 1972 in der Hauptstadt Des Moines nicht genug Hotelzimmer für all die Delegierten gab, die sich dort zum abschließenden Treffen zusammenfinden sollten, verschob man den Prozess so weit nach vorn, dass Iowa der erste Staat der Nation war, in dem die Wähler Einfluss auf die Kandidatenfindung nehmen durften (die erste echte offene Vorwahl findet am 9. Februar in New Hampshire statt).

Xi Jinping, ein „alter Freund“ Iowas

So werden sich am Montag um Punkt 19 Uhr Bürger in den 1681 Wahlbezirken von Iowa treffen, um über die Kandidatenauswahl zu debattieren. 30 Delegiertenstimmen für den republikanischen und 46 für den demokratischen Parteitag im Juli werden hier verteilt. Bei jeweils nur etwas mehr als ein Prozent aller Delegierten – und weil die republikanischen Caucus-Teilnehmer in Iowa ebenso konservativer sind als im Rest des Landes wie die demokratischen linker als die Mehrheit der Demokraten – ist die Aussagekraft der Entscheidung vom Montag trotz des medialen Aufsehens beschränkt.

Was bewegt die Bürger von Iowa? Die Angst vor Terror und die Wirtschaftslage. Iowa ist als Agrarproduzent stark von Weltmarktpreisen abhängig. 96 Prozent des Ackerlandes sind mit Mais und Soja bepflanzt, auf jeden Menschen in Iowa kommen drei Schweine und 18 Hühner.

Das sorgt für ein paradoxes Verhältnis gegenüber China: Einerseits hat Donald Trumps Poltern gegen China starken Zuspruch. Andererseits kauft China fast die gesamte Sojaernte Iowas auf. 2013 übernahm ein chinesisches Unternehmen den weltgrößten Schweinefleischproduzenten, Smithfield, der vielen Schweinebauern in Iowa Vieh abkauft. Kein Wunder also, dass Gouverneur Terry Branstad seine wahlkämpfenden Parteifreunde um Mäßigung in der antichinesischen Rhetorik bat. Chinas Staatsführer, Xi Jinping, studierte übrigens 1985 in Iowa Landwirtschaft. „Ich bin stolz, dass er mich einen Freund nennt“, sagte Branstad. (go)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2016)

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