Finnland: Künftig schnellere Mobilmachung

Finnische Infanteristen im Wald
Finnische Infanteristen im WaldFinnish Defence Force
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Reservisten müssen, von Notfällen abgesehen, bisher drei Monate vor ihrer beabsichtigten Einziehung informiert werden. Das sei angesichts der Lage in Osteuropa und im Baltikum viel zu lange, so der Verteidigungsminister.

Angesichts der anhaltend gespannten Lage in Osteuropa setzt auch das neutrale Finnland militärische Schritte. Verteidigungsminister Jussi Niinistö deutete jüngst bei einer militärischen Übung an, dass Finnland die Mobilmachungszeit seiner Streitkräfte inklusive der Reservisten drastisch senken werde. Laut aktueller Rechtslage müssen Reservisten nämlich - von einem "heißen" Notfall abgesehen - mindestens drei Monate im Voraus informiert werden, dass ihre Einziehung beabsichtigt ist. Diese lange Vorwarnphase sei angesichts der generellen sicherheitspolitischen Lage im Baltikum nicht mehr vertretbar, so Niinistö.

Der Minister will daher schon in Kürze eine Änderung der Vorschriften des Militärrechts einleiten. Die aktuelle Dreimonatsfrist sei zu Zeiten entstanden, da sich Bedrohungslagen langsam und sichtbar entwickelt und die Streitkräfte Zeit zur Vorbereitung gehabt hätten, sagte Niinistö. "Die Ukrainekrise und die Besetzung der Krim waren Beispiele sich rasch entwickelnder Krisen, die schwer vorherzusehen waren. Die Dreimonatsfrist zum Einziehen der Reservisten wäre in solchen Situationen zu lang."

Man werde jedenfalls auch innerhalb des Militärs Vorbereitungen treffen, um Kampfeinheiten schneller als bisher aufstellen und ins Feld schicken zu können. Ein Schwerpunkt werde in geografischer Hinsicht dabei auf die südliche Küste und die Åland-Inseln zwischen Finnland und Schweden gelegt werden.

"Erinnerungsbrief" an 900.000 Reservisten

Im März 2015 hatten die finnischen Streitkräfte allen Reservisten - etwa 900.000 Männer zwischen 20 und 60 Jahren - informelle Briefe geschickt, um sie ganz grundsätzlich an ihre Verpflichtung für den Ernstfall zu erinnern. Die Betreffenden wurden dabei auch gebeten, ihre persönlichen Daten, insbesondere die Adresse, zu aktualisieren. Einen Konnex mit den Beziehungen zu Russland, die damals schon nicht mehr die besten waren, schloss der damalige Verteidigungsminister, Carl Haglund, indes aus: Man habe diese "Erinnerungs-Aktion" schon 2013 beschlossen gehabt, vor Beginn der Ukrainekrise.

Finnische Feldkanone des russischen Typs M-46 Kaliber 130 Millimeter
Finnische Feldkanone des russischen Typs M-46 Kaliber 130 MillimeterFinnish Defence Force

Voriges Frühjahr gab es U-Boot-Alarm, nachdem ein unbekanntes Unterwasserfahrzeug vor Helsinki detektiert worden war und von Wachbooten verfolgt wurde. Die meisten Beobachter gingen damals von einem russischen U-Boot aus, doch dann hieß es im Juli peinlicherweise, dass es sich womöglich um einen Irrtum gehandelt habe: Es sei wohl ein "Fehlalarm" aufgrund eines "natürlichen Phänomens" gewesen, so die Küstenwache.

Finnland hat eine rund 1300 Kilometer lange Grenze zu Russland. 2014 sollen russische Flugzeuge mehrfach finnischen Luftraum verletzt haben. In Finnland wird seit längerem über einen Beitritt zur Nato diskutiert.

Umstieg auf West-Waffen

Finnland unterhält in Friedenszeiten rund 30.000 Mann starke Streitkräfte, rund 8000 davon sind Berufssoldaten, der Wehrdienst dauert sechs bis zwölf Monate. Die Landstreitkräfte sind im Kern in acht Brigaden untergliedert. Rund 230.000 Reservisten bilden die erste Mobilmachungswelle, insgesamt gibt es, wie erwähnt, rund 900.000 Mann.

Finnischer
Finnischer "Leopard"Vestman/Wikipedia

Während des Kalten Kriegs war die UdSSR bemüht, Finnland trotz dessen Neutralität in einem gewissen Naheverhältnis zu behalten, was sich vor allem darin auswirkte, dass ein bedeutender Teil des militärischen Geräts der Finnen, vor allem schwere Waffen wie Panzer und Artillerie, sowjetischen Ursprungs war. Nach dem Ende der UdSSR räumten die Finnen in ihren Arsenalen auf. Zwar finden sich dort heute immer noch namhafte sowjetrussische Waffenbestände, etwa bei der Feldartillerie, Flugabwehrkanonen und Schützenpanzern. Allerdings besitzt Finnlands Militär heute unter anderem deutsche Leopard-II-Kampfpanzer (derzeit etwa 130), französische, israelische und britisch/schwedische Panzerabwehrraketen sowie US-amerikanische Jagdbomber F/A-18C "Hornet" (54).

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