USA: Ein Sieger, ein Loser und ein heimlicher Gewinner

Ted Cruz, der Senator aus Texas und Absolvent der Elite-Unis Princeton und Harvard, kultivierte bei seiner Wahlkampftour kreuz und quer durch Iowa sein raubeiniges Cowboy-Image.
Ted Cruz, der Senator aus Texas und Absolvent der Elite-Unis Princeton und Harvard, kultivierte bei seiner Wahlkampftour kreuz und quer durch Iowa sein raubeiniges Cowboy-Image.(c) Bloomberg (Andrew Harrer)
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Bei der ersten Vorwahl in Iowa steckte Großmaul Trump eine Niederlage ein, Marco Rubio lieferte die Überraschung des Abends, und Hillary Clinton kam mit einem blauen Auge davon.

„Auf nach New Hampshire“, lautete der Schlachtruf Donald Trumps in der Wahlnacht im Sheraton-Hotel in West Des Moines, wo er eigentlich einen Triumph bei der Vorwahl in Iowa feiern wollte. „The Donald“, das Großmaul, klang auf einmal sehr kleinlaut nach der Schlappe gegen seinen schärfsten Rivalen, Ted Cruz. Die Niederlage schmeckt dem erfolgsverwöhnten Immobilientycoon ganz und gar nicht. Als Loser, als Verlierer, mag er sich partout nicht sehen. Das sind in seiner Weltsicht immer die anderen: Präsident Barack Obama, Hillary Clinton oder seine Mitbewerber.

Der bombastische Trump, der seine Auftritte mit der Titelmusik des Films „Air Force One“ orchestrierte, hatte schlicht zu wenig in seine Kampagne investiert: zu wenig Zeit und zu wenig Geld. Die Absenz bei der letzten TV-Debatte kostete ihn womöglich wichtige Stimmen. Dass Cruz den Höhenflug Trumps stoppte, kam jedoch nicht aus heiterem Himmel. Der Texaner beackerte das Feld im Agrarstaat im Mittleren Westen bis hinein ins kleinste Dorf. Sein Wahlkampf war perfekt auf das kleinteilige Iowa abgestimmt, mit einer „Bodenoperation“ von lokalen Helfern und einer auf das evangelikale Wahlsegment zugeschnittenen erzkonservativen Botschaft.

Zuletzt hatten Mike Huckabee und Rick Santorum hier mit einer ähnlichen Strategie reüssiert. Beide verglühten indes bald wie Sternschnuppen. So gesehen war der Sieg von Ted Cruz eine Pflichtübung. Sonst hätte er im Lauf des weiteren Wahlkampfs wohl rapide an Bedeutung verloren.

Der Kandidat des Establishments

Die Überraschung bei den Republikanern lieferte indessen Marco Rubio, der eigentliche Gewinner der Vorwahl in Iowa. Der kubanischstämmige Senator aus Florida landete nur knapp hinter Trump auf dem dritten Platz – viel besser, als die Meinungsforscher prognostiziert hatten. Rubio geht jetzt mit Schwung, mit einem Zustrom an Geldspenden und der Unterstützung des Partei-Establishments, in die weiteren Vorwahlen. Seine Herausforderer um den Platz in der Mitte, wie Chris Christie, Jeb Bush und John Kasich, die sich vor allem auf New Hampshire konzentrieren, ließ er recht deutlich hinter sich.
Mit einem blauen Auge kam dagegen Hillary Clinton bei den Demokraten davon. Mitunter entschied ein Münzwurf bei Stimmengleichstand in den 1681 Wahlkreisen über Sieg oder Niederlage. Eine neuerliche Schlappe beim Auftakt der Vorwahlsaison wie vor acht Jahren gegen Barack Obama wäre eine bittere Schmach für die haushohe Favoritin gewesen. Bernie Sanders, der linksliberale Außenseiter aus Vermont und selbst ernannte „demokratische Sozialist“, ist ihr allerdings gefährlich nahe gerückt.

Bei den Primaries in der kommenden Woche im Nachbarstaat New Hampshire wird die 74-jährige Galionsfigur des progressiven Lagers, von enthusiasmierten Fans mit „Bernie“-Jubelchören und der Hymne „This Land Is Your Land“ für seine „Revolution“ akklamiert, seinen De-facto-Heimvorteil ausspielen. Sein Aufstieg demonstriert, wie groß das Misstrauen der demokratischen Wähler gegenüber der ehemaligen First Lady und Ex-Außenministerin ist. Auf lange Sicht hat sie jedoch in den Südstaaten und am sogenannten Super-Tuesday am 1. März die weitaus besseren Karten, die überwiegende Anzahl der Stimmen der Minderheiten, der Frauen und der älteren Semester ist ihr gewiss.

Groundhog Day in Neuengland

Republikaner wie Demokraten stellen sich derweil auf einen epischen Wahlkampf ein, der sich bis weit ins Frühjahr hineinziehen könnte. Die Invasion der Wahlkämpfer in Iowa ist in der Nacht auf Dienstag abrupt zu Ende gegangen. Dienstagfrüh ist der Politwanderzirkus bereits nach New Hampshire weitergezogen, in den „Granite State“ im Nordosten. Es ist wieder einmal Groundhog Day im Neuengland-Staat, der Tag des Murmeltiers. Es gilt, die Ergebnisse von Iowa zu bestätigen oder die Scharten auszuwetzen.

Schon heute wird sich das Duell Clinton versus Sanders bei einem TV-Bürgerforum fortsetzen. Für die republikanischen Gouverneure Chris Christie und John Kasich geht es in New Hampshire ums politische Überleben, und für Jeb Bush darum, zumindest einen Achtungserfolg zu erringen. Donald Trump wiederum steht unter Zugzwang. Noch eine Niederlage, und sei sie so noch so knapp, er wäre seinen Nimbus des Winners los.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2016)

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