Die Schwächen Hillary Clintons

Democratic U.S. presidential candidate Hillary Clinton speaks to supporters at her 2016 New Hampshire presidential primary night rally in Manchester
Democratic U.S. presidential candidate Hillary Clinton speaks to supporters at her 2016 New Hampshire presidential primary night rally in Manchester(c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
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Nach der deutlichen Niederlage in New Hampshire krempelt die demokratische Favoritin ihre Kampagne um. Doch einige Gründe für die Abfuhr liegen an Clinton selbst und an ihrem öffentlichen Auftreten.

Washington. 38 zu 60 Prozent: Eine so deutliche Niederlage gegen ihren linken Herausforderer Bernie Sanders hatte Hillary Clinton trotz entsprechender Umfragewerte nicht erwartet. Noch ehe ein Fünftel der Stimmen in New Hampshire ausgezählt waren, verschickte Clintons Kampagnenmanager Robby Mook ein dreiseitiges Memorandum an seine Mitarbeiter und sorgte dafür, dass es sofort an die Medien durchsickerte. „Obwohl sie wichtig sind, stellen die ersten vier Staaten nur vier Prozent der Delegierten, die nötig sind, um die Nominierung zu erlangen“, spielte er die Abfuhr herunter. „Die 28 Staaten, die im März wählen, werden 56 Prozent der Delegierten bestimmen, die zum Gewinnen nötig sind.“ Er betonte auch die für Clinton vorteilhafte Demografie in diesen Staaten, beginnend mit Nevada am 20. und South Carolina am 27. Februar. „Wir glauben, dass Hillarys einmalige Stärke unter Afroamerikanern, Hispaniern und arbeitenden Familien jeglicher Herkunft – gemeinsam mit der gezieltesten und am stärksten von Daten getriebenen Kampagne aller Zeiten – im März die Delegierten bringen wird, die nötig sind, um ihr einen klaren Pfad zur Nominierung zu bahnen.“

Noch in der Nacht stellte Clintons Team die ersten Weichen. Jen O'Malley Dillon, die im Jahr 2012 stellvertretende Leiterin der erfolgreichen Kampagne zur Wiederwahl von Präsident Barack gewesen ist, ist nun mit an Bord. Weitere personelle Änderungen werden folgen. Doch ungeachtet dieser organisatorischen Fragen liegen Clintons Probleme zu einem Gutteil in ihrer eigenen öffentlichen Person. Diese Imageprobleme werden von allein nicht verschwinden.

1 Von Whitewater bis zur E-Mail-Affäre: Der problematische Umgang mit der Wahrheit

Seit dem zweifelhaften Whitewater-Grundstücksgeschäft in ihrer Zeit als First Lady von Arkansas bis hin zur problematischen Einrichtung eines privaten E-Mail-Servers für ihre Amtsgeschäfte als Außenministerin haftet Clinton der Ruch an, sich ihre eigenen Regeln zu schaffen und notfalls auch zu lügen. Juristisch ist zwar nie etwas hängen geblieben, so sehr sich die Republikaner seit mehr als zwei Jahrzehnten auch bemühen. Dennoch gaben 91 Prozent der demokratischen Wähler in New Hampshire, für die Ehrlichkeit die wichtigste Qualität eines Präsidentschaftskandidaten ist, Bernie Sanders gegenüber Clinton den Vorzug.

2 Goldman Sachs, die Clinton-Stiftung und die allzu große Nähe zu den Milliardären

675.000 Dollar – das Zwanzigfache des durchschnittlichen US-Jahreseinkommens – erhielt Clinton nach ihrer Zeit im State Department und vor ihrer Präsidentschaftskandidatur von der Investmentbank Goldman Sachs für drei Reden. Auf die Frage, ob sie das hinterfragt habe, antwortete sie schnippisch: „So viel haben sie halt gezahlt.“ Ähnlich ungeschickt war ihre Klage darüber, dass sie und Bill nach dem Auszug aus dem Weißen Haus „bitterarm“ gewesen seien. Betrachtet man dann noch die Nähe der Clinton-Stiftung zu arabischen Diktaturen und Großkonzernen, kann man verstehen, wieso sie für den Linkspopulismus von Bernie Sanders ein leichtes Ziel abgibt. Nur wenige Politiker schenken dem König von Marokko zum Geburtstag Silberteller von Tiffany's, wie Clinton es getan hat.

3 Bill, Madeleine Albright, Gloria Steinem: Fettnapfsprünge der Verbündeten

Problematisch ist auch Clintons unausgesprochene Botschaft an die Frauen, sie sozusagen aus feministischer Solidarität wählen zu müssen. Einen Bärendienst erwiesen ihr in dieser Hinsicht am Wochenende vor der Wahl die frühere Außenministerin Madeleine Albright und die prominente Feministin Gloria Steinem. Albright sagte, in der Hölle sei ein besonderer Platz für Frauen reserviert, die anderen Frauen nicht helfen. Steinem legte nach und behauptete, jene jungen Frauen, die sich Sanders' Kampagne anschließen, täten dies, weil sie dort mit jungen Männern anzubandeln hofften. Dass Gatte Bill Clinton, ein weltbekannter Ehebrecher, Sanders' Anhängern Sexismus vorwarf, war auch nicht hilfreich – umso mehr, als er erklärte, manchmal lieber nicht mit Hillary verheiratet sein zu wollen, um frei von der Leber weg sprechen zu können. Logische Folge: Die Mehrheit der Frauen in New Hampshire wählte Sanders.

4 Die guten alten Clinton-Jahre sind Schnee von gestern

Clinton verlor in New Hampshire und Iowa in allen Altersgruppen unter 45 Jahren. In Iowa retteten ihr die älteren Semester den hauchdünnen Sieg. Clinton beschwört bei ihren Wahlkampfauftritten stets die Neunzigerjahre, als sie mit Bill im Weißen Haus war und die Wirtschaft brummte. Doch Amerikaner, die jünger sind als die Generation X, haben daran keine persönliche Erinnerung. Clinton muss ihre Botschaft auf das Amerika von 2016 konzentrieren – ein Land, in dem viele Bürger weder politischen Institutionen noch dem Wirtschaftssystem vertrauen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2016)

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