Frankreich: Das Kalkül hinter der Personalrochade in Paris

French Foreign Affairs Minister Laurent Fabius arrives at the Elysee Palace in Paris
French Foreign Affairs Minister Laurent Fabius arrives at the Elysee Palace in Paris(c) REUTERS (PHILIPPE WOJAZER)
  • Drucken

Außenminister Fabius tritt zurück. Präsident Hollande befördert ihn auf den höchsten Richterposten.

Paris. Der französische Staatspräsident, François Hollande, hat den bisherigen Außenminister, Laurent Fabius, im gegenseitigen Einverständnis ins Verfassungsgericht, den Conseil constitutionnel, berufen. Fabius wird dort aller Voraussicht nach den Vorsitz als Nachfolger des Gaullisten Jean-Louis Debré übernehmen, dessen Mandat zu Ende geht. Damit besetzt Hollande für die nächsten neun Jahre einen politisch sehr wichtigen Schlüsselposten der Republik mit einem loyalen Sozialisten. Zugleich schaltet der Präsident aber mit dieser Beförderung eines Parteikollegen auch einen möglichen Konkurrenten für die Präsidentschaftswahlen 2017 aus.

Da ein Ministeramt mit der neuen Funktion im höchsten Gericht nicht vereinbar ist, muss Fabius umgehend zurücktreten. Seine Nominierung in den Verfassungsrat war erwartet worden. Das erlaubt es Hollande, alle Spekulationen über angebliche Meinungsverschiedenheiten zu dementieren. Vor wenigen Tagen hat die Justizministerin, Christiane Taubira, wegen wesentlicherpolitischer Differenzen ihre Demission eingereicht. Sie veröffentlichte daraufhin ein Buch über ihren von der Regierungslinie abweichenden Standpunkt in der Frage der Notstandsgesetze und der Aberkennung der Staatsbürgerschaft für verurteilte Terroristen.

Für den 69-jährigen Fabius geht mit dem am Mittwoch angekündigten Austritt aus dem Ministerkabinett eine lange Karriere als Regierungsmitglied zu Ende. Schon 1984 hatte ihn Präsident François Mitterrand mit erst 37 Jahren zu seinem Premierminister gemacht, damit hält Fabius bis heute als jüngster Regierungschef in Frankreich einen Rekord. Damals galt er auch als designierter Thronfolger des sozialistischen Staatschefs Mitterrand. Interne Rivalitäten mit Lionel Jospin und Michel Rocard im Parti Socialiste sowie der gesundheitspolitische Skandal um verseuchte Blutkonserven (trotz eines Freispruchs für ihn) zwangen ihn aber zu einer vorübergehenden Pause in seinem Aufstieg.

In seiner eigenen Partei zählte er immer zu den Führungspersönlichkeiten, gleichzeitig war er intern ungeliebt wegen seines distanzierten Auftretens, das ihm als Arroganz ausgelegt wurde. 2007 hatte er sich um die Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen beworben, die Sozialisten gaben aber Ségolène Royal den Vorzug. Auch mit Hollande hatte er, namentlich in der Frage der von ihm abgelehnten EU-Verfassung, Divergenzen.

Regierungsumbildung notwendig

Fabius gehörte aufgrund seiner Kompetenz und internationalen Ausstrahlung zu den populärsten Regierungsmitgliedern. Seine Bilanz als Außenminister von Hollande seit 2012 kann sich durchaus sehen lassen. Der krönende Abschluss war für ihn bestimmt der Vorsitz der Klimakonferenz im Dezember 2015, zu deren Organisation und positivem Abschluss er wesentlich beigetragen hat. Auch bei der Normalisierung der Beziehungen der westlichen Staaten zum Iran hat er trotz einer zunächst sehr kompromisslosen Haltung eine wichtige Rolle gespielt.

Mit seinem Rücktritt wird nun aber eine Regierungsumbildung notwendig. Es gibt bereits Spekulationen um Personen und Posten. Der frühere Premierminister Jean-Marc Ayrault beispielsweise gilt laut solchen Gerüchten als möglicher Nachfolger von Fabius. Auch die jetzige Umweltministerin Royal würde das Ministerium am Quai d'Orsay gern übernehmen.

Für Hollande bietet sich damit die Gelegenheit für andere Wechsel und Rochaden. Am liebsten hätte er auch die Grünen wieder in der Regierungsverantwortung. Doch diese reißen sich nicht darum, sich für einen Posten in einer sehr unpopulären Regierung zu kompromittieren. Sein Exberater für das Klima, Nicolas Hulot, hat im Voraus dankend abgelehnt. Auch die Sozialistin Martine Aubry hat laut eigener Darstellung kein Interesse. Die Zusammensetzung des neuen Kabinetts soll spätestens am Freitag bekannt werden.

ZUR PERSON

Laurent Fabius beendet eine lange Politkarriere an der Spitze Frankreichs. Mit 37 Jahren erklärte ihn François Mitterrand 1984 zum Premierminister – als bis dato jüngsten Regierungschef in der Geschichte Frankreichs. Seit 2012 war der Sozialist Außenminister unter Präsident François Hollande. Für die nächsten neun Jahre wird der 69-Jährige dem französischen Verfassungsrat vorsitzen. Wer Fabius im Außenressort nachfolgen wird, soll bis spätestens Freitag bekannt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Frankreichs Außenminister Fabius.
Außenpolitik

Frankreichs Außenminister Laurent Fabius tritt zurück

Der 69-Jährige soll Chef des französischen Verfassungsrates werden. Über seine Nachfolge wird noch spekuliert. Es steht eine umfassende Regierungsumbildung bevor.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.