Mehr US-Special Forces und Kampfhubschrauber für Europa

Apache-Kampfhubschrauber der USA
Apache-Kampfhubschrauber der USA EPA
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Neue Details zur geplanten Verstärkung des US-Militärs in Europa mit Blickrichtung Russland: Kampfhubschrauber, Aufklärungsflugzeuge, Spezialeinheiten und "Informationskrieger" kommen.

Von der weiteren Aufstockung amerikanischer Militäreinheiten in Mitteleuropa, vor allem in den Ostregionen des Nato-Gebietes, die 2014 unter dem Titel "European Reassurance Initiative" (ERI) eingeleitet wurde und nun stark ausgeweitet werden soll, werden neue Details bekannt. Laut Planungspapieren des Pentagons und Aussagen hoher US-Offiziere werden unter den Schwerpunkten die Verstärkung der Aufklärungskapazitäten der Luftwaffe, der Hubschrauberverbände der Army und der Spezialeinheiten aller Teilstreitkräfte sein.

Zudem will das Pentagon die Mittel für die Informationskriegsführung, etwa im Internet und sozialen Medien, vermehren.

Grundsätzlich soll das Budget für die gesamte ERI laut Planung für das Finanzjahr 2017 auf 3,4 Milliarden Dollar steigen, was nicht weniger als einer Vervierfachung entspricht. Das Gesamtprogramm muss allerdings noch vom Kongress abgesegnet werden.

Kern: eine "rotierende" Brigade

Kern der ERI-Ausweitung für 2017 bildet bekanntermaßen die Stationierung einer schweren gemischten Kampftruppe in Brigadegröße, etwa 4000 bis 5000 Mann, in der Nato-Ostzone in Polen und/oder den baltischen Staaten Lettland, Litauen und Estland. Dabei werden dort freilich nur das schwere Gerät der Brigade, etwa Kampfpanzer, Luftabwehraketen und Geschütze, sowie kleine Stabs-, Wach- und Instandsetzungseinheiten permanent postiert.

Die Masse der Mannschaft hingegen soll auf Rotationsbasis, also jeweils nur für eine bestimmte Zeit, in diesen Garnisonen bleiben und danach fließend gegen neues Personal ausgetauscht werden. Grund: Ein Vertrag zwischen der Nato und Russland von 1997 untersagt der Nato eine "permanente" Stationierung "substanzieller Kampftruppen"; mit diesem Rotationsmodell sowie der insgesamt recht moderaten Größe der Truppe will die Nato dem Permanenzverbot entsprechen, was Russland durchaus etwas anders sieht.

US-Soldaten landen in Polen
US-Soldaten landen in PolenReuters

Mindestens ein großes Aufklärungsflugzeug der US Air Force soll vorgeschoben ins Baltikum verlegt werden und von dort aus weit nach Osten "blicken", natürlich primär mittels elektronischer "Augen". Damit entspricht das Pentagon den Wünschen des US European Command in Stuttgart (Deutschland) nach mehr Aufklärungs- und Frühwarnkapazitäten im Osten.

Der US Army in Europe (USAREUR) wiederum, ihr Hauptquartier ist nahe Wiesbaden, sollen frische Transport- und Kampfhubschraubereinheiten zugeschoben werden. Da der Schwerpunkt der US-Verstärkungen im Osten bei Landstreitkräften liegt, waren zusätzliche fliegende Einheiten schon lange auf der Wunschliste des Oberkommandierenden von USAREUR, General Frederick "Ben" Hodges (60), gestanden.

Duelle der Internet-Poster

Vom Umfang her soll die Verstärkung einer Combat Aviation Brigade entsprechen. Von solchen gibt es mehrere Formen. In Frage kommen wird wohl eine gemischte ("full spectrum") Brigade. Die besteht laut Grundmodell aus einem Bataillon mit 24 "Apache"-Kampfhelikoptern, einer Aufklärungs-/leichten Kampfstaffel mit 21 bis 30 "Kiowa"-Hubschraubern, einem Luftsturmbataillon mit 30 "Black Hawks" als Transporter für Luftlandetruppen bzw. Infanterie, einem "General Aviation"-Bataillon mit Blackhawks und schweren "Chinook"-Transportern (insgesamt 32), dazu Drohnen- und Unterstützungseinheiten. Das macht total mindestens 107 Hubschrauber.

US-Chinooks bei einem Manöver in Spanien
US-Chinooks bei einem Manöver in SpanienUS Army/Stars and Stripes

Fünf Millionen Dollar sind für "Informations-Operationen" eingeplant, also etwa um im Internet und über soziale Medien "Desinformation und Propaganda seitens bösartiger Akteure" zu kontern. US-Offiziere und solche anderer Nato-Staaten werfen Russland vor, falsche Informationen zu streuen und im Internet und anderen Medien zu agitieren, um von der Lage in der Ukraine abzulenken und die Nato als Spannungsschürer zu inszenieren - auch mittels eigener oder vorgeblich "gekaufter" Kommentatoren bzw. Poster im Internet. Moskau wirft dem Westen in dieser Hinsicht genau das gleiche vor.

Gegen "malign influence"

Zur Verlegung von Spezialeinheiten - etwa von Rangers und Green Berets der Army, der Psychological Operations Group, Navy Seals und Elementen des Special Operations Aviation Regiments (Airborne) - gibt es indes (man möchte sagen naturgemäß) keine konkreten Angaben - außer, dass das Budget dafür mit rund 29 Millionen Dollar angesetzt wird. Und: Man wolle damit Allierten helfen, um "bösartigem Einfluß" (im Original:"malign influence") in Mittel- und Osteuropa entgegenzuwirken.

Green Berets bei nächtlichem Manöver
Green Berets bei nächtlichem Manöverwikipedia/SOCKOR

Dass dieser Einfluss als aus Russland kommend gesehen wird, lassen die Amerikaner offen durchblitzen. "Wir unterstützen die Nato-Verbündeten gegen die russische Aggression", sagte US-Verteidigungsminister Ashton Carter.

"Russen mobilisieren für Krieg in fünf Jahren"

General Hodges ging im Vorjahr in einem Interview mit dem "Wall Street Journal" sogar noch weiter: "Ich glaube, dass die Russen schon jetzt für einen Krieg mobilisieren, den sie in fünf oder sechs Jahren kommen sehen. Das soll nicht heißen, dass sie diesen in fünf oder sechs Jahren beginnen werden, aber ich denke, dass sie einfach annehmen, dass sich die Dinge bis dahin so entwickeln und sie sich mit irgendjemandem in einem Krieg, welcher Art auch immer, befinden werden."

General Hodges
General HodgesUSAREUR

In Europa sind derzeit nach Angaben des US European Command etwa 67.000 Angehörige der US-Streitkräfte stationiert, wovon 10.000 ihre Aufmerksamkeit freilich anderen Schauplätzen widmen, etwa Afrika im Rahmen des "US Africa Command" in Stuttgart.

Die bisherigen Aktivitäten der USA im Rahmen von ERI umfassten etwa Marinemanöver im Schwarzen Meer, die Verlegung eines Fallschirmjägerbataillons ins Baltikum und von Kampfflugzeugen nach Polen und Rumänien, die permanente Stationierung von etwa 500 Mann auf der Mihail-Kogalniceanu-Luftwaffenbasis in Rumänien und das Einbetten von Verbindungsoffizieren in Streitkräfte östlicher Nato-Staaten.

(wg)

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