Ein Germanist wird neuer Außenminister in Paris

File photo of French Prime Minister Jean-Marc Ayrault leaving a polling station after casting his ballot during the second round in the French mayoral elections in Nantes
File photo of French Prime Minister Jean-Marc Ayrault leaving a polling station after casting his ballot during the second round in the French mayoral elections in Nantes(c) REUTERS (STEPHANE MAHE)
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Jean-Marc Ayrault beerbt Fabius. Präsident Hollande versucht mit einer Regierungsumbildung, seine wackelnde Mehrheit zu konsolidieren. Die Grünen kehren in die Regierung zurück.

Paris. Fast zwei Jahre war Jean-Marc Ayrault weg aus der ersten Reihe der französischen Politik. Frankreichs Staatschef hatte seinen ersten Premier geopfert, um nicht selbst vollends ins Schussfeld zu geraten. Stattdessen berief er den damaligen Innenminister, Manuel Valls, der im Ruf eines Dynamikers steht. Jetzt kehrt der Germanist aus Nantes als Außenminister ins Kabinett zurück. Ayrault galt als aussichtsreichster Anwärter für die Nachfolge von Laurent Fabius. Im Gespräch war auch Ségolène Royal, die Umweltministerin und Ex-Lebensgefährtin von Hollande.

Fabius hatte vor wenigen Tagen überraschend seinen Rücktritt erklärt. Er avanciert zum neuen Vorsitzenden des Verfassungsrats. Der höchste Richterposten ist nicht mit einem Kabinettsposten kompatibel. An der Spitze der Diplomatie braucht Hollande nicht nur absolute Loyalität – die Außenpolitik gilt als exklusive Domäne des Präsidenten –, sondern auch eine bekannte Persönlichkeit mit Format.

Ayraults Kür strahlt auch nach Berlin aus. Die Wahl des Germanisten und ehemaligen Deutschlehrers wird in Deutschland als Signal für eine engere Zusammenarbeit verstanden werden.

Die Demission von Fabius löste eine Kabinettsumbildung aus. Die Überraschung im neuen Kabinett ist die Rückkehr der Grünen. Sie wollten bei der letzten Umbildung im Sommer 2014 nicht mehr mitregieren. Die Nominierung von Valls mit seiner als linksliberal verschrienen Linie war damals eines ihrer Argumente gewesen. Unweigerlich fragt man sich, wie es Hollande gelungen ist, die zögernden Grünen von Europe Écologie – Les Verts (EELV) umzustimmen.

Unter den Neueintritten in der Regierung befindet sich als Wohnungsministerin die bisherige EELV-Parteichefin, Emmanuelle Cosse. Sie übernimmt damit denselben Posten, den ihre Vorgängerin, Cécile Duflot, unter Valls nicht mehr wollte. Zusammen mit Cosse wurden auch zwei Ex-Grüne in die Regierung nominiert. Sowohl der neue Minister für die Staatsreform, Vincent Placé, wie die Staatssekretärin für internationale Beziehungen in der Klimapolitik (eine neue und zusätzliche Funktion), Barbara Pompili, waren wie andere prominente grüne Abgeordnete aus der EELV ausgetreten. In der Regierung müssen diese Dissidenten jetzt mit der grünen Parteichefin zwangsläufig zusammenarbeiten.

Unter diversen Änderungen fällt schließlich auch noch der Wechsel im Kulturministerium auf: Die bisherige Ministerin Fleur Pellerin hat offenbar die Erwartungen nicht erfüllt. Sie wurde von Hollande durch seine bisherige Beraterin für Kultur, Audrey Azoulay, ersetzt. Mit von der Partie ist auch der Parteichef der kleinen, aber für die Koalition wichtigen Partei der Linken Radikalen (PRG), der Zeitungsverleger Jean-Michel Baylet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2016)

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