Nach ihrer Abfuhr in New Hampshire scheint die frühere Außenministerin eine wirksame Angriffsstrategie gegen den Senator aus Vermont gefunden zu haben.
Hillary Clinton und Bernie Sanders war in der Nacht auf Freitag anzumerken, dass sie inhaltlich in dieser dritten Fernsehdebatte binnen acht Tagen keine neuen Themen aufgreifen wollten. Sanders, der sozialistische Senator aus Vermont, wiederholte erneut seinen Aufruf zu einer "politischen Revolution" gegen ein "korruptes System zur Finanzierung von Wahlkampagnen", "desaströse Handelspolitik" und "eine Handvoll von Milliardären, die enorme wirtschaftliche und politische Macht haben."
Clinton präsentierte sich in der zweistündigen, vom öffentlich-rechtlichen Sender PBS veranstalteten Debatte in Milwaukee, Wisconsin einmal mehr als erfahrene Pragmatikerin, die "eine treue Unterstützerin von Präsident Obamas wichtigster Errungenschaft" sei, nämlich der allgemeinen Krankenversicherungspflicht des Affordable Care Acts, vulgo Obamacare. "Bevor das Obamacare genannt wurde, nannte man es Hillarycare", spielte sie auf ihren vor mehr als zwei Jahrzehnten letztlich gescheiterten Versuch als First Lady von Präsident Bill Clinton an, eine solche Ausweitung der Gesundheitsvorsorge durchzusetzen.
"In energischer Übereinstimmung"
Die beiden Anwärter auf die Nominierung zum demokratischen Präsidentschaftskandidaten waren darum bemüht, einander nicht zu scharf zu attackieren, um den Eindruck einer ideologisch gespaltenen Partei zu vermeiden. Mehrfach stimmten sie einander zu, was in Clintons Befund gipfelte, sie und Sanders seien "in energischer Übereinstimmung."
Allerdings hat sich Clinton wenige Tage nach ihrer schweren Abfuhr bei der Vorwahl in New Hampshire, wo sie Sanders mit 38:60 Prozent der Stimmen unterlegen ist, nun offenkundig eine klare Angriffsstrategie zurechtgelegt: sie stellt sich nicht bloß als Verwalterin von Obamas politischem Erbe dar, sondern attackiert Sanders als illoyalen Obama-Verräter.
"Die Art von Kritik an Präsident Obama, die wir von Senator Sanders gehört haben, hätte ich eigentlich eher von einem der republikanischen Kandidaten erwartet", sagte Clinton und spielte dabei vor allem auf die Empfehlung von Sanders für ein neues Buch mit dem Titel "Buyer's Remorse" ("Gewissensbiss"), das Obama dafür kritisiert, nicht links genug regiert zu haben. "Dieses Buch argumentiert, dass die Wähler Gewissensbisse haben sollten, was Präsident Obamas Führungsstil und Erbe betrifft", sagte Clinton.
"Sie sind noch nicht im Weißen Haus!"
Sanders war sichtlich erregt und entgegnete, dies sei "ein Untergriff". Er habe Obama stets unterstützt. "Aber wissen Sie was? Angeblich leben wir in einer demokratischen Gesellschaft. Angeblich hat ein Senator das Recht, anderer Meinung als der Präsident zu sein, auch wenn der Präsident einen so außerordentlichen Job gemacht hat. Also habe ich Kritik geäußert. Sie haben das vielleicht nicht getan. Ich schon."
Ähnlich gereizt reagierte Sanders auf Clintons Ausführungen darüber, wie sie als Präsidentin im Kongress die nötigen Stimmen für ihre Reformvorhaben sammeln würde. "Sie sind noch nicht im Weißen Haus!", hielt ihr Sanders entgegen.
"Henry Kissinger ist nicht mein Freund"
Als die Diskussion ins Feld der Außenpolitik wechselte, begann Sanders plötzlich und ohne konkreten Anlass, gegen den früheren Außenminister unter den republikanischen Präsidenten Nixon und Ford zu wettern: "Ich bin stolz darauf zu sagen, dass Henry Kissinger nicht mein Freund ist. Denn ich bin zufällig der Meinung, dass er einer der destruktivsten Außenminister in der modernen Geschichte dieses Landes war."
Clinton, die sich oft mit Kissinger berät, hielt dem entgegen, dass sie sich die Meinung vieler Leute anhöre und gerne wüsste, welche außenpolitischen Berater Sanders konsultiert: "Ich kenne Journalisten, die Sie gefragt haben, auf wen Sie in der Außenpolitik hören, und wir waren noch immer darauf, wer das ist."
Sanders zeigt Nerven
Mehrfach sagte Sanders an diesem Abend Dinge, die sich im Lauf des Wahlkampfs gegen ihn wenden könnten. So meinte er etwa, "niemand denkt, dass eine Arbeit in der Fabrik der größte Job der Welt ist". Auf die Frage, ob die Beziehungen zwischen Schwarzen und Weißen unter seiner Präsidentschaft besser wären als in der Amtszeit von Obama, sagte Sanders: "Absolut."
Clinton hielt dem entgegen, sie und Sanders stimmten darin überein, dass der finanzielle Einfluss intransparenter Quellen auf die Politik beseitigt werden müsse, und dass "die Wall Street nie wieder die Wirtschaft ruinieren darf." Doch sie sei keine Kandidatin, die sich auf ein einziges Thema versteife: "Und ich ich denke nicht, dass wir in einem Land leben, in dem es nur um ein einziges Thema geht.