Österreichische Waffen für Bürgerkrieg im Jemen?

KORRUPTIONS-U-AUSSCHUSS: PILZ
KORRUPTIONS-U-AUSSCHUSS: PILZ(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Die Exportgenehmigung für 150.000 Granaten im Juli 2015 sei illegal, meint Peter Pilz (Grüne). Denn die Vereinigten Arabischen Emiraten hätten die Waffen im benachbarten Jemen eingesetzt.

Wien. Sind heimische Waffen mitverantwortlich für knapp 6000 Tote, 2,7 Millionen Flüchtlinge und Dutzende Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Jemen? Das zumindest meint Peter Pilz, Sicherheitssprecher der Grünen. Denn Österreich hat im Juli 2015 die Lieferung von 150.000 Splittergranaten von RWM Arges, einer österreichischen Tochter des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall, an die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) genehmigt – zu einer Zeit, als die Militäroffensive einiger Golfstaaten im Bürgerkriegsland Jemen schon voll im Gang war.

Im März 2015 zogen die VAE unter einer von Saudiarabien geführten Intervention in den Kampf gegen schiitische Houthi-Rebellen im Jemen. Außer mit Luftschlägen unterstützt die Allianz die Truppen des ins Exil geflohenen Präsidenten, Mansur Hadi, mit rund 4000 Soldaten. Abu Dhabi stellt das größte Kontingent; auch Mitglieder der Präsidentengarde des Golfstaats seien involviert, meint Pilz.

Österreichs zuständige Minister hätten mit ihrem Entscheid illegal gehandelt, rechtliche Schritte seien nicht auszuschließen, sagte Pilz. Denn laut Kriegsmaterialgesetz sind Waffenexporte an kriegsführende Staaten und Staaten, in denen das Material zur Unterdrückung von Menschenrechten verwendet werden könnte, verboten. Solche Ausfuhren müssen daher vom Innenministerium in Absprache mit Außen- und Verteidigungsministerium genehmigt werden.

Die Hauptverantwortung sieht der Grüne jedoch in der ÖVP – bei Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Außenminister Sebastian Kurz, der den „Persilschein“ für die Lieferung ausgestellt habe. Er hege eine „seltsame Offenheit gegenüber Regimen von Ankara bis Riad“. Statt dem Jemen Lebensmittel zu liefern, schicke Österreich lieber Waffen, meinte Pilz.

Insgesamt 24 Bewilligungen

Dabei wurden nach der Genehmigung im Vorjahr keine Waffen nach Abu Dhabi geliefert. Denn drei Monate nach dem Beschluss revidieren die Ministerien ihren Beschluss wieder. Entscheidend dafür sei die Kenntnis über den Einsatz von Bodentruppen der VAE im Jemen gewesen, sagte der Sprecher des Außenamtes, Thomas Schnöll, der „Presse“. Noch im Juli habe man nichts von einer Bodenoffensive gewusst und daher keine rechtlichen Bedenken gehabt, meint Karl-Heinz Grundböck vom Innenministerium. Man sei damals nicht von einer „Endverwendung im Konfliktgebiet“ ausgegangen. Dabei hat es schon vor ihrem offiziellen Einrücken Medienberichte über den Einsatz von Golf-Streitkräften im Jemen gegeben.

Insgesamt wurden in den vergangenen zehn Jahren 24 Ausfuhrbewilligungen an die VAE erteilt. Schon 2014 hat Österreich den Verkauf von mehr als 3000 Granaten der heimischen Firma Hirtenberger an die Präsidentengarde genehmigt. Ob vorherige Lieferungen tatsächlich in das Kriegsland gelangt sind, lasse sich jedoch nur schwer beweisen, meint Pieter Wiezeman vom Stockholm International Peace Research Institute. Denn Österreich liefere vor allem Kleinwaffen, die in Konfliktgebieten schwer aufzuspüren seien. Für Pilz jedenfalls scheint der Fall klar: Egal, wie viele Granaten letztlich exportiert wurden, allein die Genehmigung sei rechtswidrig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2016)

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