Blutige Kasten-Revolte in Indien

Demonstrators from the Jat community shout slogans as they block the Delhi-Haryana national highway during a protest at Sampla
Demonstrators from the Jat community shout slogans as they block the Delhi-Haryana national highway during a protest at Sampla(c) REUTERS (ADNAN ABIDI)
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Ehemals wohlhabende Jat-Kaste kämpft um Privilegien – und blockiert Delhis Wasserversorgung.

Delhi. Blutige Proteste der hinduistischen Jat-Kaste legen die Region rund um Indiens Hauptstadt Delhi lahm: Mehr als ein Dutzend Menschen starben seit Freitag im Bundesstaat Haryana bei gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Armee, Hunderte wurden verletzt.

Zudem herrschte in Delhi der Quasi-Ausnahmezustand: Zehn Millionen Menschen hatten am Montag kein Wasser, nachdem Demonstranten für mehrere Stunden den Haryana-Kanal besetzt gehalten hatten. Erst am Montag konnte die Armee den für die Wasserversorgung der Stadt zentralen Kanal unter ihre Kontrolle bringen. Mit flächendeckender Versorgung der 20-Millionen-Einwohner-Metropole ist erst in den nächsten Tagen zu rechnen. Schulen blieben gestern geschlossen.

Explosives Kastensystem

In dem an Delhi angrenzenden Bundesstaat Haryana stellen die Jats etwa ein Drittel der Bevölkerung. Sie fühlen sich sozial benachteiligt, fordern bessere Jobchancen, eigens reservierte Studienplätze und stärkere politische Vertretung. Die Unruhen rücken die politische Brisanz des hinduistischen Kastensystems wieder in den Fokus: Jats waren früher reiche Landbesitzer und gehören in der komplizierten religiösen Gesellschaftsskala einer höheren Kaste an: Aufgrund von Modernisierung und Urbanisierung erlebten sie zuletzt einen rasanten sozialen Abstieg. Viele mussten ihr Land verkaufen und sind arbeitslos.

Jat-Mitglieder machen „unfaire Quoten“ für ihre Misere verantwortlich. Diese wurden eingeführt, um die Benachteiligung der untersten Kaste, der „Unberührbaren“, zu überwinden. Die Jats wurden bisher vom Quotensystem nicht berücksichtigt. Dass die Regierung sich nun zu Quoten bei staatlichen Jobs bereit erklärte, hat die Demonstranten nicht beruhigt.

Die Unruhen setzen Premier Narendra Modi zu: Die Jat-Kaste hatte bisher seine hinduistisch-nationalistische BJP unterstützt. Viele Jats werfen nun Modi vor, ihre Probleme zu lang ignoriert zu haben. (basta)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2016)

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