Olof Palme: „Sucht den Mörder bei der Polizei“

Olof Palme (1927–1986).
Olof Palme (1927–1986).(c) APA/AFP
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Vor 30 Jahren wurde der schwedische Premier Olof Palme erschossen. Der Täter ist offiziell weiter unbekannt. Der einst Tatverdächtige ist tot, es gibt Gerüchte über mächtige Verschwörer.

Stockholm. Am Sonntag jährt sich der Mord am schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme zum 30. Mal. Am Donnerstag präsentierte die Palme-Gruppe der Polizei in Stockholm den Stand der Ermittlungen, doch die Sache enttäuschte: Es gibt weiter keinerlei Durchbrüche oder auch nur die Hoffnung auf eine klare Lösung des Falles.

Im Gespräch mit der „Presse“ erinnert sich ein Zeuge von damals. Am Freitagabend, 28. Februar 1986, fuhr dieser, der damals 42-jährige Leif Ljungqvist, mit seinem Chevrolet Suburban über den Sveavägen in Stockholms Zentrum, um seine Kinder vom Bahnhof abzuholen. „Ich wartete an der Kreuzung auf Grün. Da krachte es. Ich schaute in die Seitenstraße, wo sich ein Mann am Boden krümmte. Ich rief die Polizei über mein Autotelefon“, erzählt der heute 72-jährige Hoflieferant für Bodenbeläge der „Presse“.

Er wendete sein Auto und stieg aus. „Ich sah den Täter wegrennen. Er hatte einen ganz verzogenen Gang und eine blaue Steppjacke“, sagt Ljungqvist. „Ich lief zu einer Frau, die neben dem Mann kniete. Er lag in seinem Blut. Ein furchtbarer Anblick. Sie sah zu mir und bat mich, einen Krankenwagen zu rufen. Dann kam ein Polizist. Er fragte, wie der Mann heiße. Die Frau sagte: Olof Palme. Da verstanden wir, was los war“, erzählt Ljungqvist, der einer der wichtigsten Zeugen im größten Mordfall Schwedens wurde.

Fast drei Jahre tappte die Polizei im Dunkel. 1988 präsentierte sie einen Verdächtigen: den vorbestraften und drogenabhängigen Christer Pettersson. Er war kurz nach dem Attentat vernommen worden und hatte ein Alibi. Doch das erwies sich später als falsch. 1989 wurde Pettersson mangels Beweisen freigesprochen, auch, weil die Polizei Beweise manipuliert hatte. 2004 starb er nach einem Sturz an Kopfverletzungen.

Ljungqvist indes ist sicher, dass Pettersson der Täter war. Und Palmes damaliger Staatssekretär, Ulf Dahlsten, sagte jüngst, dass Petterson Jahre vor dem Mord Mitarbeiter Palmes nach dessen Freizeitgewohnheiten befragte. Laut Dahlsten ist der Fall gelöst. Zudem habe „eine sehr glaubwürdige Person“ ihm erzählt, dass Pettersson Palme im Auftrag des rechtsextremen Palme-Hassers Lars Tingström tötete. Der erhielt 1984 lebenslang, weil er unter anderem ein Attentat auf einen Staatsanwalt und ein Finanzamt verübt hatte.

Geständnisse, die keiner mehr glaubte

Übrigens hat auch Pettersson die Tat später in privaten Gesprächen und gegenüber Journalisten gestanden – auch der „Presse“, als er vor einem Schnapsladen herumlungerte. Nur: Das glaubte ihm niemand und man dachte, der Mann mit seinem Alkoholproblem mache sich wichtig.

Der Kriminologe Leif Persson glaubt, dass, falls Pettersson doch der Täter war, er mächtige Auftraggeber hatte. Palme hatte vor allem unter Konservativen Feinde, in Kreisen von Polizei, Militär und Wirtschaft, etwa, da er Unternehmer teilenteignen wollte. Nach seinem Tod übernahm der rechte Flügel der Sozialdemokraten das Land und machte es polizei-, armee- und unternehmerfreundlicher. Persson meint: „Sucht den Mörder bei Polizei und Militär.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2016)

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