Analyse: Der Trump-Express im Temporausch

Donald Trump.
Donald Trump.(c) REUTERS (SCOTT AUDETTE)
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Donald Trump eilt von Sieg zu Sieg. Eine republikanische Front versucht, ihm die Mehrheit von 1237 Delegierten zu verwehren und eine Stichwahl auf dem Parteitag zu erzwingen.

Washington. Von Massachusetts und Vermont im Norden bis nach Alabama und Georgia im Süden: Donald Trump hatte einen Super Tuesday ganz nach seinem Geschmack. In sieben US-Teilstaaten gewann er die jeweilige republikanische Vorwahl, neben den genannten vier waren das Arkansas, Tennessee und Virginia. Der texanische Senator Ted Cruz gewann in seinem Heimatstaat sowie in Alaska und Oklahoma. Marco Rubio, der Senator aus Florida und Favorit der von Trump überrumpelten Parteieliten, erlitt eine schwere Schlappe und konnte nur Minnesota für sich entscheiden.

Für Trump sieht es nun sehr gut aus. Wenn er weiterhin Vorwahlen mit im Durchschnitt etwas mehr als einem Drittel der Stimmen gewinnt, dürfte das gemäß einer Analyse möglicher Szenarien durch die „New York Times“ reichen, um ihm spätestens im Mai 1237 Delegierte zum republikanischen Parteitag im Juli in Cleveland zu sichern. Das wäre die Mehrheit, und die Partei müsste ihn in Cleveland, ob sie es will oder nicht, zu ihrem Kandidaten küren.

Partei ist tief gespalten

Um ihm diese 1237 Delegierten zu verwehren, formiert sich spät, aber umso entschlossener eine Front republikanischer Senatoren, Kongressabgeordneter, Gouverneure, Lobbyisten und früherer hochrangiger Amtsträger. Trump behauptet zwar, die Partei hinter sich vereinen zu können. „Wir haben die Republikanische Partei vergrößert“, sagte er in der Nacht auf Mittwoch während seiner Siegesrede unter Verweis auf die im Vergleich zum Jahr 2012 stark gestiegene Beteiligung an den republikanischen Vorwahlen. „Ich weiß, dass die Leute das nur schwer glauben können, aber ich bin ein Einiger.“

Tatsächlich aber steht die Partei vor ihrer größten Zerreißprobe, seit der extrem rechte Senator Barry Goldwater beim Parteitag des Jahres 1964 das gemäßigte Partei-Establishment niederrang und zum Kandidaten bei der Präsidentenwahl jenes Jahres gewählt wurde (die allerdings der Amtsinhaber, Lyndon B. Johnson, in einem Erdrutschsieg gewann).

Cruz und Rubio schworen, bis zum bitteren Ende gegen Trump zu kämpfen. Rubio nannte ihn einen „Trickbetrüger“. Cruz sagte, „wenn Sie Donald Trump nicht als Kandidaten sehen wollen, wenn Sie nicht wollen, dass wir diese Wahl gegen Hillary Clinton verlieren, dann bitte ich Sie, an meiner Seite zu stehen.“ Pete Wehner, der unter George W. Bush im Weißen Haus diente, malte gegenüber dem Magazin „Politico“ einen Bruch an die Wand: „Wenn Trump die Präsidentschaft gewinnt, werden wir Bemühungen zur Gründung einer neuen Partei sehen.“

Ob Trump weiter voranschreitet oder die Hoffnung seiner parteiinternen Gegner sich erfüllt, ihm die Mehrheit der Delegierten zu verwehren, entscheidet sich in zwei Wochen. Am 15. März wird in Florida, Illinois, Missouri, North Carolina und Ohio gewählt. Das sind große Staaten mit vielen Delegierten. Zudem gilt in Florida und Illinois die neue Winner-takes-all-Regel: Wer dort Erster ist, bekommt alle Delegierten. Dasselbe gilt später in einigen weiteren großen Staaten, und in fast allen (zum Beispiel in New York) gibt es zumindest auf Wahlkreisebene ähnliche mehrheitsfreundliche Regeln.

Republikanische Wahlanalysten verweisen darauf, dass Trump trotz schrumpfender Zahl an Konkurrenten keine großen Mehrheiten hinter sich vereint. Im Durchschnitt der vier Vorwahlen im Februar bekam er rund 34 Prozent, und das war auch der Durchschnitt am Super Tuesday. Nur in Massachusetts (49 Prozent) und Alabama (43 Prozent) kam er über 40 Prozent. Zum Vergleich: Mitt Romney lag vor vier Jahren im Schnitt der vier Februarwahlen bei 40 Prozent und am Super Tuesday bei 38 Prozent. George W. Bush, der bisher letzte republikanische Präsident, hatte im Jahr 2000 diesbezüglich Durchschnittswerte von 45 und 56 Prozent vorzuweisen.

Anti-Trumpismus ist zu wenig

Das Problem an der Strategie der Parteieliten, Trump zu einem Showdown auf dem Parteitag zu zwingen, ist bloß: Anti-Trumpismus reicht nicht. Der rüde Baumilliardär hat die tiefe Unzufriedenheit vieler weißer Amerikaner mit schlechter Ausbildung geschickt erfasst. Das zeigt zum Beispiel eine Umfrage des Pew Research Center. 55 Prozent der weißen Republikaner mit Collegeabschluss bejahen die Aussage: „Das Wirtschaftssystem ist generell fair gegenüber den meisten Amerikanern.“ Doch nur 37 Prozent jener, deren Bildungsweg nach der Highschool endete, sehen das so. Wenn Cruz und Rubio diesen Wählern kein überzeugendes Angebot machen können, wird Trump der Kandidat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2016)

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