Türkei macht Zeitung „Zaman“ mundtot

Das regierungskritische Blatt wird unter Aufsicht gestellt.

Istanbul. „Statement von ,Today's Zaman‘: Wir sind ernsthaft besorgt.“ Dieser Satz prangte in weißer Schrift auf einem schwarzen Hintergrund, wenn man am Freitag auf die Homepage von „Today's Zaman“ ging, der internationalen Schwesterzeitung der türkischen Zeitung „Zaman“. Es war ein Zeichen des Protests gegen das, was die Mächtigen in der türkischen Hauptstadt Ankara beschlossen hatten. Denn nun soll auch „Zaman“, das größte regierungskritische Blatt der Türkei, unter Aufsicht der Justiz gestellt werden.

Ein Istanbuler Gericht habe das am Freitag angeordnet und werde eine neue Führungsriege für die Zeitung ernennen, berichtete die offizielle türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Die Entscheidung fiel demnach auf Antrag der Istanbuler Staatsanwaltschaft.

Dutzende Reporter in Haft

Die Mediengruppe Zaman, zu der die Nachrichtenagentur Cihan gehört, steht der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen nahe, der in den USA lebt. Einst waren Gülen und der jetzige türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, enge Mitstreiter. Mittlerweile sind die beiden aber erbitterte Rivalen. Erdoğan will die Gülen-Bewegung als Terrorgruppe verfolgen lassen. Er beschuldigt Gülen, Justiz und Polizei unterwandert zu haben.

Der Schlag gegen „Zaman“ ist nur ein weiteres Kapitel im Kampf der türkischen Regierung gegen kritische Medien. Dutzende Journalisten sitzen im Gefängnis. Auf einer Rangliste zum Stand der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2016)

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