Obama: Europa mitschuld an "Schlamassel" in Libyen

Obama fuhr internationale US-Militäreinsätze zurück.
Obama fuhr internationale US-Militäreinsätze zurück.APA/AFP/NICHOLAS KAMM
  • Drucken

Er habe mehr Vertrauen in die Europäer gehabt, Libyen nach dem Sturz von Machthaber Gaddafi zu stabilisieren. Besondere Kritik übt Obama an Cameron und Sarkozy.

Kurz vor Ende seiner Amtszeit holte US-Präsident Barack Obama kräftig aus - und findet vernichtende Worte für das außenpolitische Vorgehen Europas. In einem Interview mit dem US-Magazin "The Atlantic" bezeichnete er die Versäumnisse der europäischen Verbündeten als eine der Ursachen für die Krise in Libyen nach dem Sturz von Machthaber Muammar Gaddafi im Jahr 2011.

Denn obwohl es ein UN-Mandat für den Militäreinsatz in Libyen gegeben habe, eine internationale Koalition mit europäischen Ländern und Golfstaaten entstanden sei, der Einsatz relativ wenig gekostet habe und große zivile Opfer vermieden werden konnten - trotz all dem sei Libyen ein "Schlamassel". "Wenn ich zurückblicke und mich frage, was schiefgelaufen ist, dann gibt es Raum für Kritik, weil ich - angesichts ihrer Nähe zu Libyen - mehr Vertrauen in ein stärkeres Engagement der Europäer in der Folge (nach dem Einsatz, Anm.) hatte", sagte Obama in dem Interview.

Besonders harte Kritik übte er an zwei besonders engen US-Verbündeten in Europa: Der britische Premierminister David Cameron habe aufgehört Libyen Beachtung zu schenken. Stattdessen habe er sich von einer Menge anderer Dinge ablenken lassen. Der damalige Ministerpräsident Frankreichs Nicolas Sarkozy habe sich sogar noch schlimmer verhalten. Er habe sich die Flüge der französischen Streitkräfte im Rahmen der Luftkampagne an die Fahnen geheftet, obwohl die USA den Großteil der Infrastruktur für den Krieg geschaffen hatten.

Obama: Europa ist ein "Trittbrettfahrer"

Die erfolglose Intervention in Libyen habe Obama in seinen Ansichten bestärkt, die USA müssten ihr militärisches Engagement in der Welt einschränken, heißt es in dem Interview. Für die USA wäre es ein "fundamentaler Fehler" zu versuchen, den Nahen Osten und Nordafrika zu lenken, soll der US-Präsident gesagt haben. Er bezeichnete Europa und einige Golfstaaten als "Trittbrettfahrer": Über Jahrzehnte hinweg hätten sie die USA zum Handeln gedrängt - sie selbst aber seien nicht gewillt gewesen, sich zu involvieren.

Der internationaler Militäreinsatz hatte 2011 maßgeblich zum Sieg der Gegner Gaddafis beigetragen. Heut gilt Libyen als ein "failed state" (gescheiterter Staat). Es stehen sich eine islamistische und eine weltliche Führung gegenüber. Die Einsetzung der von den Vereinten Nationen vermittelten Einheitsregierung ist bisher gescheitert. Das lässt Platz für Jihadisten. Der Ableger der Terrormiliz IS in dem Land wird immer stärker. Die Situation in Libyen sei eine Bedrohung für die ganze Region und auch für Europa, warnte Ayrault.

>>> Zum Interview in "The Atlantic".

(APA/Reuters/red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.