In der Flüchtlingsdebatte macht Bayerns Horst Seehofer auch nach dem EU-Abkommen Druck auf Kanzlerin Angela Merkel.
Berlin. Der Frieden innerhalb der CDU/CSU ist auch nach dem Pakt der EU mit der Türkei ein fragiler. Denn CSU-Vorsitzender Horst Seehofer macht weiter Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er will über das gerade verhandelte Abkommen im Bundestag abstimmen lassen. Dessen Zustimmung zum Vertrag wäre an sich nicht notwendig. Doch der bayerische Ministerpräsident meint, dass dadurch das Vertrauen in die Parlamente gestärkt würde. Er halte es für falsch, so Seehofer, „wenn solche Fragen nur noch in Talkshows abgehandelt werden“.
Inhaltlich stößt sich die CSU vor allem an der geplanten Visafreiheit für türkische Staatsbürger. Die bayerische Schwesterpartei der CDU hat hier immer Bedenken angemeldet, weil man fürchtet, dass innere Probleme der Türkei nach Europa importiert werden könnten. Eine komplette Visafreiheit werde es, solange die CSU in der Bundesregierung vertreten sei, jedenfalls nicht geben. Und auch an der Forderung nach einer nationalen Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr hält Seehofer fest. Insofern sei das Abkommen „kein Durchbruch, sondern ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen europäischen Lösung“. Und, so mahnte der CSU-Chef, Deutschland dürfe nicht wieder „die Hauptlast bei der Aufnahme der Flüchtlinge“ tragen.
In der CDU hingegen hält man den unionsinternen Streit nach dem Abkommen mit der Türkei für erledigt, wie Kanzleramtschef Peter Altmaier in einem Interview sagte. Ähnlich hoffnungsvoll zeigte sich auch SPD-Chef Sigmar Gabriel: „Ich kann nur hoffen, dass die Querschüsse aus der CSU jetzt endlich aufhören.“
Klage gegen Regierung nicht vom Tisch
Doch ob nun tatsächlich Ruhe in der Union einkehrt, ist fraglich. Denn Seehofer hielt am Montag in München auch fest, dass die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, die die bayerische Landesregierung Ende Jänner per Brief an Angela Merkel angekündigt hatte, noch nicht vom Tisch sei. Er warte derzeit auf die Antwort der Bundeskanzlerin auf das Schreiben. „Wenn die Antwort eingegangen ist, wird sie bewertet, und dann wird entschieden.“ (eko)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2016)