Video: US-Atom-U-Boot durchbricht Arktiseisdecke

Turm der USS
Turm der USS "Hartford" im arktischen Eis.(c) US Navy/YouTube
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Die USS "Hartford" taucht im Rahmen des aktuellen Manövers "ICEX 2016" mehrfach durchs Polareis, darunter direkt am Nordpol. Erstmals durchtauchten U-Boote 1958 die Arktis - und durch ihren Eispanzer auf.

Die US Navy hat im Rahmen ihres aktuellen Arktis-Manövers "ICEX 2016" ein schönes Video ins Netz gestellt, das etwas nicht sehr Alltägliches zeigt: Nämlich die USS  "Hartford", ein atombetriebenes Jagd-U-Boot der "Los-Angeles"-Klasse, das unter strahlend blauem Himmel und bei einigermaßen frischen Temperaturen durch die meterdicke Eisdecke der Nordpolregion bricht.

Das "Polar Surfacing" fand bereits vor einigen Tagen statt, und zwar in der Nähe des "Ice Camp Sargo", einer auf dem Eis errichteten temporären Basis der Navy, wo in teils igluförmigen Gebäuden mehr als 70 Personen, darunter Wissenschaftler und Vetreter anderer Flotten, etwa jener Kanadas, untergebracht sind. Das Eiscamp ist allerdings nicht direkt am Nordpol, sondern auf einer nicht exakt definierten Position auf 73 Grad nördlicher Breite, wie Konteradmiral Frederick "Fritz" Roegge, Kommandeur der US-U-Boote im Pazifik, auf einem Video angibt. Es dürfte daher in der Beaufortsee nördlich von Alaska oder in den Gewässern Kanadas stehen. Und von 73° Nord ist es noch weit bis zum Pol, knapp 1900 Kilometer.

Es ist etwas frisch

Das Video, das teils aus der Luft aufgenommen wurde, spricht für sich - siehe ganz unten. Der schwarze Turm der Hartford bricht krachend durchs Eis, ein Besatzungsmitglied schiebt mit einer Stange dicke Eisbrocken vom Turm, die in die Tiefe krachen. Unter Scherzen und Gejohle nähern sich Umstehende aus dem Camp. Dann wird an einer Stelle über dem nicht gänzlich eisfreien Rumpf das Eis aufgeschnitten, auch mit einer Kettensäge, in etwa einem halben Meter Tiefe erscheint eine Luke und wird geöffnet. Der Seemann mit seiner kurzärmeligen Bluse, der die Luke innen öffnet, verschwindet rasch wieder im Rumpf. Kein Wunder: Außen hat es, wie Roegge beschreibt, etwa 29 Grad minus.

Schwarz auf weiß im Eis
Schwarz auf weiß im EisUS Navy/YouTube
Aus der
Aus der "Eisvogelperspektive"US Navy/YouTube
Luke auf!
Luke auf!US Navy/YouTube

Die 1994 in Dienst gestellte Hartford, gebaut von "Electric Boat" in Groton (Connecticut), ist 110 Meter lang bei zehn Meter Durchmesser und einer Verdrängung von (leer) etwa 6000 Tonnen. Die Crew umfasst 110 Mann, durch den Atomantrieb erreicht das Boot über Wasser umgerechnet 37 km/h und getaucht noch mehr, in einem Bericht war einmal von mehr als 33 Knoten (61 km/h) die Rede. Maximale Tauchtiefe um die 300 Meter, bei 450 Meter sollte die Hülle brechen. Sie hat vier Torpedorohre, durch die auch Anti-Schiff-Raketen gestartet werden können, sowie zwölf Startrohre für Marschflugkörper.

USS Hartford im Persischen Golf
USS Hartford im Persischen GolfUS Navy

An der Übung ist neben der Hartford auch die USS "Hampton" derselben Klasse beteiligt. Beide kreuzen im Lauf der fünf Wochen unterhalb der Eisdecke und tauchen auch mindestens einmal am Pol bei 90° Nord auf. Daneben werden wissenschaftliche Daten gesammelt, vermutlich geht es unter anderem um die Kartografierung des Meeresgrundes in einer Region, die zusehends eisfrei und für den Seeverkehr und die Förderung von Bodenschätzen am Meeresgrund interessant wird.

Strategisch wichtige Region

Angesichts wachsender strategischer Interessenskollisionen in der Arktis (speziell Russland, Dänemark und Norwegen beanspruchen seit Jahren größere Gebiete, als ihnen bisher laut Seerecht zusteht - Russland sogar einen Sektor bis zum Pol) sind Operationen mit U-Booten dort freilich auch ein starkes politisches Symbol und eine Schau der Einsatzbereitschaft.

U-Boote nicht nur der USA sind seit den 1950ern unter der arktischen Eisdecke aktiv. Der erste Arktistransit - also ein komplettes Untertauchen des Eisschilds quer in einer Richtung - wurde im Sommer 1958 vom Atom-U-Boot USS "Nautilus" vollführt, nämlich zwischen Alaska und dem Nordatlantik zwischen Nordostgrönland und Spitzbergen. Die Nautilus, das erste nuklear betriebene U-Boot überhaupt, legte dabei etwas mehr als 5000 km unter Eis zurück, brach im Rahmen dieser "Operation Sunshine" aber nicht durch die Decke und wurde 1980 ausgemustert.

Den ersten arktischen "Eisbruch" vollführte im selben Sommer 1958 USS "Skate"; im März 1959 tauchte dieses Boot als erstes am Nordpol (siehe dieses Video) auf.

USS
USS "Nautilus" anno 1955US Navy

Seit damals hielten die Amerikaner nach eigenen Angaben 26 arktische Manöver ab. Dabei nahmen auch alliierte U-Boote teil; ein legendäres Foto von so einem entstand im Mai 1987, als beim Nordpol gleich drei Boote - zwei amerikanische sowie die britische HMS "Superb" - nebeneinander auftauchten. Man bemerke, dass damals der Pol nicht komplett zugefroren war.

Drei-U-Boote-Treffen am Nordpol, 1987
Drei-U-Boote-Treffen am Nordpol, 1987US Navy/Royal Navy

Fahren unter Eis war und ist eine spezielle Herausforderung, schon wegen der Eisdecke oberhalb, die es zu berücksichtigen gilt. Die Nautilus etwa musste ihren ersten Versuch, durch die Beringstraße zu tauchen, aufgeben: Das Eis reichte an der gewählten Stelle der Passage, wo man hoffte, von den Sowjets nicht bemerkt zu werden, bis 18 Meter unterhalb der Meeresoberfläche, und der flüssige Bereich darunter bis zum Grund erwies sich als zu wenig tief, um durchzutauchen. U-Boote sollten bei auch nur halber Fahrt mindestens den doppelten Abstand ihres Rumpfdurchmessers vom Grund bzw. einer Eisdecke einhalten - das erläuterte der 2013 verstorbene britische Admiral Sir John "Sandy" Woodward, Kommandeur der britischen Schlachtflotte im Falklandkrieg 1982, einst im Gespräch mit der "Presse".

Die Navigation im Polarbereich ist bzw. war auch deshalb schwierig, weil Magnetkompasse und früher übliche Kreiselkompasse oberhalb von 85° Nord kräftig abweichen und ungenau werden, weil der geografische Nordpol und der magnetische Nordpol weit voneinander entfernt sind. In die Nautilus wurden daher ein neu entwickelter Kreiselkompass bzw. ein Trägheitsnavigationssystem eingebaut, die dem Marschflugkörperbau entstammten.

>>> Das Video:

(wg)

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