Karadžić wegen Völkermords zu 40 Jahren Haft verurteilt

Radovan Karadzic kurz vor der Urteilsverkündung
Radovan Karadzic kurz vor der UrteilsverkündungREUTERS
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Das Gericht machte den früheren bosnisch-serbischen Führer für den Völkermord von Srebrenica 1995 verantwortlich. Für die Belagerung von Sarajewo wurde er wegen Kriegsverbrechen verurteilt. Sein Anwalt kündigte Berufung an.

Das UN-Kriegsverbrechertribunal hat den früheren Serbenführer Radovan Karadžić am Donnerstag wegen Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 40 Jahren Haft verurteilt. Sein Anwalt kündigte bereits kurz nach dem Richterspruch an, in Berufung zu gehen.

Karadžić ist laut dem Richterspruch für den Völkermord an rund 8000 bosnischen Muslimen in Srebrenica 1995 verantwortlich. Absicht sei es gewesen, die männlichen bosnischen Muslime in der Enklave auszulöschen, sagten die Richter.

Die dreijährige Belagerung von Sarajevo, bei der tausende Menschen starben, stelle ein Kriegsverbrechen dar, das ohne Karadžićs Unterstützung nicht geschehen wäre, urteilte das Gericht unter dem Vorsitzenden Richter O-Gon Kwon außerdem.

In einem von zwei Völkermord-Anklagepunkten wurde der Angeklagte freigesprochen: Für die sieben ostbosnischen Gemeinden Kljuc, Sanski Most, Prijedor, Vlasenica, Foca, Zvornik und Bratunac gebe es keine Beweise, dass ein Völkermord stattgefunden habe, sagte O-Gon Kwon. Das Gericht machte Karadzic wegen der dort stattgefundenen Verbrechen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, inklusive Mord und Verfolgung, verantwortlich.

Karadzic wurde 2008 nach 13 Jahren auf der Flucht festgenommen. Dem heute 70-Jährigen wurde die jahrelange Belagerung der bosnischen Hauptstadt Sarajewo und eine Kampagne zur Vertreibung bosnischer Muslime und Kroaten aus den Städten des Landes zur Last gelegt.

Schlimmstes Kriegsverbrechen in Europa

Unter Karadzics Oberbefehl stürmten serbische Truppen 1995 die UNO-Schutzzone im bosnischen Srebrenica und ermordeten 8000 muslimische Burschen und Männer. Das Massaker von Srebrenica gilt als schlimmstes Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Insgesamt wurden 100.000 Menschen im Bosnienkrieg von 1992 bis 1995 getötet.

Der UN-Menschenrechtshochkommissar Zeid Ra'ad Al-Hussein begrüßte in einem Statement das Urteil. Es zeige, dass auch die mächtigsten Verantwortlichen solcher Verbrechen "wissen müssen, dass sie der Gerechtigkeit nicht entkommenwerden", sagte er in Genf. Der Prozess müsse politischen Führern "in Europa und anderswo zu Denken geben, die danach trachten, nationalistische Gefühle auszuschlachten und Minderheiten zu Sündenbücken zu machen".

Das Urteil gegen den damaligen bosnisch-serbischen Militärchef, Ratko Mladic, steht noch aus.

(Reuters/red. )

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