Palmyra: Der große Coup von Bashar al-Assad

Die historischen Ruinen von Palmyra nach der Eroberung durch die Assad-Truppen.
Die historischen Ruinen von Palmyra nach der Eroberung durch die Assad-Truppen.(c) APA/AFP/STRINGER (STRINGER)
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Palmyra ist unter Kontrolle der syrischen Armee. Für die Regimetruppen ein strategisch herausragender Sieg. Für den IS eine herbe Niederlage. Die historischen Ruinen sollen intakt sein.

Die syrischen Regierungstruppen haben die Oasenstadt Palmyra vollständig zurückerobert und der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) damit eine schwere Niederlage beigefügt. Die Armee habe die für ihre antiken Ausgrabungsstätten berühmte Stadt nach heftigen nächtlichen Kämpfen gänzlich unter ihre Kontrolle gebracht, sagte ein Militärvertreter in Palmyra am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP.

Die Jihadisten hätten sich zurückgezogen. Sowohl die als Weltkulturerbe gelisteten Ausgrabungsstätten als auch die angrenzenden Wohngebiete seien wieder unter Kontrolle der Armee, sagte der Militärvertreter einem AFP-Korrespondenten in Palmyra. Die IS-Kämpfer seien in ihre Hochburgen Suchnah, Raqqa und Deir Essor im Osten und Norden Syriens zurückgewichen. Experten der Armee seien dabei, dutzende Sprengsätze und Minen in der antiken Stadt zu entschärfen.

Die durch den IS verursachten Schäden sind offenbar geringer als befürchtet. Experten begannen am Montag mit der Begutachtung der Zerstörungen. Der Direktor der syrischen Altertümerverwaltung zeigte sich zuversichtlich, dass die beschädigten Bauten innerhalb von fünf Jahren restauriert werden können.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat dem syrischen Machthaber Bashar al-Assad bei einem Telefonat zur Rückeroberung von Palmyra gratuliert. Ungeachtet des Teilabzugs des russischen Militärs aus Syrien werde Moskau der Regierung in Damaskus weiterhin im Kampf gegen Terroristen helfen, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow am Sonntag.

Assad erwiderte demzufolge, dass "Erfolge wie die Befreiung Palmyras ohne Russlands Hilfe unmöglich" seien. Der Kreml ist ein enger Partner des Regimes in Damaskus. Der Westen kritisiert, Moskau treffe mit Attacken auch die gemäßigte Opposition.

Schwere Niederlage

Die Einnahme von Palmyra ist ein wichtiger militärischer Erfolg für die syrische Armee und eine schwere Niederlage für die Jihadisten. Diese hatten Palmyra im vergangenen Mai erobert. In den folgenden Monaten schockierten sie die Welt durch brutale Hinrichtungen in den Ruinen der antiken römischen Stadt und die Zerstörung mehrerer Tempel, Grabmäler und Skulpturen. Palmyra wird von der UN-Kulturorganisation Unesco als Weltkulturerbe geführt.

Am 7. März startete die syrische Armee dann mit Unterstützung der libanesischen Hisbollah-Miliz und der russischen Luftwaffe eine Offensive zur Rückeroberung der nordöstlich von Damaskus gelegenen Stadt. Die Unesco-Direktorin Irina Bokova hatte die Offensive auf Palmyra begrüßt. "Seit einem Jahr ist die Plünderung von Palmyra das Symbol der kulturellen Säuberung, welche der Mittlere Osten erlebt", sagte Bokova.

"Wenn wir gewinnen, ist es die erste große Niederlage, die die Armee Daesh beifügt", hatte ein Militärvertreter am Samstag unter Verwendung der arabischen Bezeichnung der IS-Miliz gesagt. Die Einnahme von Palmyra sei eine ähnliche Niederlage für die IS-Miliz wie der Verlust der kurdischen Stadt Kobane im Norden Syriens, sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman.

Laut der oppositionsnahen Organisation, deren Angaben für Medien meist kaum zu überprüfen sind, wurden seit Beginn der Offensive in Palmyra mindestens 400 Jihadisten getötet. "Es sind die schwersten Verluste für den IS in einer einzigen Schlacht seit seiner Entstehung" im Jahr 2013, sagte Abdel Rahman. Mit Palmyra verliere die IS-Miliz "automatisch die große syrische Wüste" bis zur Grenze zum Irak. Ein Auseinanderbrechen der Terrormiliz sei nur mehr eine Frage der Zeit, erklärte der Kommandant der Syrischen Armee.

Raqqa als nächstes Ziel

Auch dort sind die Jihadisten zunehmend unter Druck: Nach langer Vorbereitung startete die irakische Armee kürzlich eine Offensive auf die IS-Hochburg Mossul. Neben Mossul kontrollieren die Jihadisten noch die syrische Stadt Raqqa und Teile von Deir Essor, doch mussten sie in den vergangenen Monaten eine ganze Reihe von Niederlagen hinnehmen. Als Nächstes will die syrische Armee Raqqa ins Visier nehmen.

Die russische Luftwaffe war mit hunderten Angriffen an der Offensive auf Palmyra beteiligt. Laut dem Verteidigungsministerium in Moskau flogen Kampfflugzeuge allein zwischen Freitag und Samstag Angriffe auf 158 Ziele. Präsident Wladimir Putin hatte vergangene Woche überraschend den Abzug des Großteils der russischen Truppen angeordnet, doch bleibt weiterhin ein bedeutendes Kontingent im Land.

Ruinen "in gutem Zustand"

Die zurückeroberte antike Stadt Palmyra ist offenbar in einem besseren Zustand als befürchtet. "Wir haben mit dem Schlimmsten gerechnet", sagte der Direktor der syrischen Altertümerverwaltung, Mamoun Abdul-Karim, am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP mit Blick auf die Zerstörung der Stadt durch die jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).

"Aber die Landschaft ist im Großen und Ganzem in einem guten Zustand." Er fühle eine "unbeschreibliche Freude", sagte Abdul-Karim am Telefon. Palmyra könne wieder aufgebaut und "so werden wie vorher", sagte er über die zum Weltkulturerbe gehörenden antiken Schätze. Der Direktor der Altertümerverwaltung hielt sich am Sonntag noch in Damaskus auf, wollte aber nach Palmyra aufbrechen, um die Schäden genauer zu begutachten.

Vor Beginn des Bürgerkriegs im Frühjahr 2011 besuchten jährlich mehr als 150.000 Touristen die Ausgrabungsstätten von Palmyra. Die IS-Miliz hat in der antiken Oasenstadt mehrere Grabtürme sowie die berühmten Tempel von Baal und Baalshamin gesprengt, bevor sie den Triumphbogen der mehr als 2000 Jahre alten Stadt zerstörte.

(APA/AFP)

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