Österreich/Iran: "Eine falsche Bewegung bringt alles ins Wanken"

Irans Präsident, Hassan Rohani.
Irans Präsident, Hassan Rohani.(c) Reuters (FARS NEWS)
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Beim Wirtschaftsforum wurde über die Absage des Rohani-Besuchs spekuliert. Angeblich fiel die Entscheidung erst auf dem Flughafen in Teheran. Bitterer Machtkampf erzwang seine Präsenz in der Heimat.

Wien. Die Sicherheitsvorkehrungen für das österreichisch-iranische Wirtschaftsforum in der Zentrale der Wirtschaftskammer in Wien wurden auf ein Minimum reduziert. Der programmierte Stargast, Irans Präsident, Hassan Rohani, war ja zu Hause geblieben. Dass er die penibel vorbereitete Wien-Visite in gleichsam letzter Minute aus Sicherheitsbedenken abgesagt hatte, wie Teheran offiziell mitteilte, daran glaubte jedenfalls keiner der mehr als 500 Konferenzteilnehmer. Die meisten halten den Grund für vorgeschoben.

Zwischen Wien und Teheran schwirren allerlei Gerüchte für die brüske Absage herum, und die meisten deuten auf eine Zuspitzung des internen Machtkampfs nach den Wahlen vor vier Wochen hin. Die Entscheidung sei vor dem Abflug Rohanis nach Wien erst auf dem Flughafen in Teheran gefallen, heißt es in Wirtschaftskreisen. Rohani, so die Lesart, wollte offenbar nicht riskieren, mit der halben Regierung in Österreich die Kontakte zu vertiefen, während in der Heimat Hardliner und Reformgegner Stimmung machen.

Sie fürchten, nach der Wahlschlappe vollends die Kontrolle auch in der Wirtschaft zu verlieren, bis dato eine Domäne der Revolutionsgarden. Wie sensibel das Machtgefüge in Teheran ist, subsumierte Mohsen Jalalpur, der Präsident der iranischen Handelskammer, bei seiner Rede in Wien: „Eine falsche Bewegung kann alles ins Wanken bringen.“

„Hoffnungen haben sich nicht erfüllt“

Womöglich habe der oberste Führer einen größeren Effekt vom Kurs der wirtschaftlichen Öffnung und der graduellen Aufhebung der Sanktionen erwartet. „Die Hoffnungen haben sich bisher nicht erfüllt“, konstatierte ein österreichisch-iranischer Unternehmer. „Zwei Schritte nach vorn, ein Schritt zurück“: So charakterisiert er die Politik Teherans.

Ayatollah Khamenei, der oberste Führer, hat jüngst Raketen für ebenso wichtig wie Verhandlungen erklärt. Damit rückte er Ayatollah Rafsanjani zurecht. Der Ex-Präsident, ein alter Fuchs iranischer Grabenkämpfe, gilt als Gegenspieler Khameneis und als Mentor Rohanis. Der Präsident selbst war zuletzt mehrmals als Verfechter des Wandels und der Öffnung aufgetreten. Die Raketentests samt antiisraelischer Konnotation, die dem Iran international eine Rüge einbrachten, sind ein Signal für den Widerstand der Reformgegner.

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl, der die Sanktionen als unsinnig bezeichnete, gab unverdrossen den Gastgeber, Brückenbauer und Zweckoptimisten: „Was manche in zwei Monaten erwarten, wird sich möglicherweise erst in zwei Jahren erfüllen.“

Während die Grünen eine parlamentarische Anfrage zu den Gründen der Rohani-Absage stellten, sprachen sich alle Präsidentschaftskandidaten in der APA für einen Empfang Rohanis in Wien aus. Zuletzt hatten Norbert Hofer und Irmgard Griss gegenüber der „Presse“ noch anders getönt. Damals knüpften sie eine Visite an die Anerkennung des Existenzrechts Israels durch den Iran.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2016)

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