Der deutsche Innenminister de Maiziere spricht sich offen gegen ein Antiterrorzentrum auch. Auch der deutsche Verfassungsschutz-Chef sieht keinen Bedarf für europäisches Terrorabwehr-Zentrum.
Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) hat sich gegen Forderungen nach einem gemeinsamen europäischen Terrorabwehrzentrum gewandt. Gleichwohl bekräftigte er die Notwendigkeit eines besseren Datenaustauschs zwischen den Sicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten.
Allein schon im deutschen Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum (GTAZ) arbeiteten 40 Behörden zusammen, sagte de Maiziere dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Ein europäisches Abwehrzentrum müsste ja 28 Staaten mit unzähligen Behörden vereinen. Eine Übertragung des Modells auf Europa wird daher zumindest in Reinform kaum funktionieren."
Zusammenarbeit intensivieren
Auch eine Abgabe von Terrorabwehr-Kompetenzen an die EU sei kaum praktikabel. "Das würde eine Änderung der europäischen Verträge bedeuten, und eine solche Änderung kostet Zeit - Zeit, die wir im Moment nicht investieren können. Zudem besteht das Risiko, dass wir in eine Detaildiskussion geraten, über die dann die Zusammenarbeit und damit auch die Bekämpfung des Terrorismus vernachlässigt würden", sagte er. "Deshalb sollten wir jetzt unterhalb der Schwelle einer Vertragsänderung rasch unsere Zusammenarbeit weiter intensivieren."
Nötig sei es auch, die verschiedenen Datenbanksysteme zu vernetzen: Eurodac zur Speicherung der Fingerabdrücke von Flüchtlingen, das Schengener Informationssystem zur Fahndung nach Personen und das Visa-Informationssystem. "Es gibt hier keine Möglichkeit zum Datenabgleich für sicherheitsbehördliche Zwecke", sagte de Maiziere. "Wir brauchen ein integriertes Management für diese Daten. Es muss eine Verbindung der Datentöpfe geben."
Zuvor hatten etwa Generalbundesanwalt Peter Frank und die Deutsche Polizeigewerkschaft ein gemeinsames europäisches Terrorabwehrzentrum gefordert, weil einzelne Länder Geheimdienstinformationen zurückhalten.
"Derzeit kein Bedarf"
Auch der Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen hält derzeit ein gemeinsames europäisches Zentrum zur Terrorabwehr für unnötig. Er sehe dafür "derzeit nicht den Bedarf", sagte Maaßen in einem Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio, das am Sonntag auf tagesschau.de veröffentlicht wurde. "Die Nachrichtendienste arbeiten eigentlich gut zusammen, und die Kooperation zwischen Polizei und Nachrichtendiensten erfolgt grundsätzlich auf nationaler Ebene", führte Maaßen aus.
Der Präsident des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz wies überdies darauf hin, dass es beim internationalen Informationsaustausch juristische Hürden gebe. Es sei nicht so, "dass die Kollegen in den Nachrichtendiensten oder Polizeibehörden auf ihren Daten sitzen bleiben wollen, sondern es gibt genaue spezifische Vorschriften, um Informationen auszutauschen". In einigen Ländern wie etwa auch Deutschland seien diese Vorgaben "sehr restriktiv", so dass die Sicherheitsbehörden "nicht alle Informationen mit allen zur gleichen Zeit teilen" könnten.
Nach den islamistischen Anschlägen in Brüssel, bei denen am 22. März 32 Menschen getötet und hunderte weitere verletzt worden waren, waren Rufe nach einer engeren Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in der EU laut geworden.
(APA/DPA/AFP)