Heikle Reise: Fischer trifft Putin

Heinz Fischer besucht Wladimir Putin
Heinz Fischer besucht Wladimir PutinAPA/EPA (HERBERT NEUBAUER)
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Dem Bundespräsidenten sei es ein Anliegen, sich mit Präsident Putin über die verschiedenen aktuellen Krisenherde zu unterhalten.

Zu einer politisch heiklen Reise bricht Bundespräsident Heinz Fischer am Dienstag auf: Er besucht Moskau und wird dort am Mittwoch vom russischen Präsidenten Wladimir Putin und Premier Dmitri Medwedew empfangen. Fischer sei es ein Anliegen, sich mit Präsident Putin über die verschiedenen aktuellen internationalen Krisenherde zu unterhalten, hieß es im Vorfeld aus der Präsidentschaftskanzlei.

Daher ist auch ein längeres Vier-Augen-Gespräch der beiden Präsidenten geplant. Themen werden demnach vordringlich die bilateralen Beziehungen, der Ukraine- und der Syrien-Konflikt, die auch daraus resultierende Flüchtlingskrise sowie die Beziehungen zwischen Russland und China sein. Zudem will Fischer auch den österreichischen OSZE-Vorsitz (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) im Jahr 2017 thematisieren.

Begleitet wird der Bundespräsident auf seiner Reise von vier Regierungsmitgliedern und einer Kultur- und Wissenschaftsdelegation. Neben Außenminister Sebastian Kurz, Justizminister Wolfgang Brandstetter und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (alle ÖVP) wird auch Staatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ) am Dienstag und Mittwoch in Moskau mit dabei sein. Kurz wird am Dienstag aus Washington kommend - dort ist am heutigen Montag ein Treffen mit US-Außenminister John Kerry geplant - etwas früher als Fischer in der russischen Hauptstadt eintreffen und auch mit seinem Amtskollegen Sergej Lawrow konferieren.

Atomwaffen auf der Krim

Russland hatte im Ukraine-Konflikt zuletzt vor dem Atomgipfel (Nuclear Security Summit) von US-Präsident Barack Obama in Washington die Frage nach einer Stationierung von Atomwaffen auf der Halbinsel Krim offengelassen. Die Krim sei eine russische Region, so die Position des Kreml. Die Ukraine und der Westen erkennen die Krim nicht als Teil Russlands an und werfen Moskau mit der Annexion 2014 einen Völkerrechtsbruch vor. Im Konflikt in der Ostukraine werden trotz offizieller Waffenruhe nach Angaben beider Seiten weiter Dutzende Menschen getötet. Sowohl die ukrainische Armee als auch prorussische Separatisten in der sogenannten Volksrepublik Donezk sollen in den vergangenen Tagen mehrere Kämpfer verloren haben.

Eine wichtige Rolle spielt Russland im Syrien-Konflikt. Russische Luftwaffe-Einheiten hatten die Truppen von Syriens Machthaber Bashar al-Assad monatelang unterstützt. Sie sollten sich dabei in erster Linie auf extrem radikale Gruppen wie die sunnitische Miliz "Islamischer Staat" (IS) oder den Al-Kaida-Ableger Al-Nusra-Front konzentrieren. Kritikern zufolge wurden aber auch gemäßigte Gegner Assads gezielt massiv angegriffen. Assad versucht seit fünf Jahren, einen Aufstand gegen seine Herrschaft niederzuschlagen.

Mitte März hatte Putin den Abzug des Hauptkontingents befohlen. Damit wurden Hoffnungen auf eine politische Lösung des seit fünf Jahren andauernden Bürgerkriegs geweckt. Nach mehrwöchiger Pause waren in Genf auch unter UNO-Vermittlung wieder Gespräche zwischen der russischen Regierung und der vom Westen unterstützten Opposition aufgenommen worden. Russland ist der wichtigste Verbündete der Regierung in Damaskus und war im Vorjahr auch ein Verhandlungspartner bei Syrien-Friedensgesprächen in Wien. In Diplomatenkreisen gilt es als möglich, dass die Bundeshauptstadt in näherer Zukunft wieder Gastgeberin für Syrien-Konferenzen sein könnte.

Schwierige Phasen

"Russland ist ein wichtiges und einflussreiches Land in genau jenem Raum, der auch für Österreich von größter Bedeutung ist, nämlich Zentral- und Osteuropa, Naher und Mittlerer Osten und Zentralasien", umriss Fischer die Hintergründe seiner Reise. "Wirtschaftliche und politische Veränderungen in diesem Raum betreffen jeden einzelnen Menschen in Österreich. Wir wollen mit den wichtigsten Playern in dieser Region vernünftig zusammenarbeiten."

Wien und Moskau hätten in den vergangenen Jahrzehnten auch in allen schwierigen Phasen den Kontakt aufrechterhalten, so der Bundespräsident, und beide Seiten hätten sich dabei als vertragstreu erwiesen. "Wir sagen offen und direkt unsere Meinung - auch eine kritische Meinung - aber wir können auch zuhören. Eine Politik, die Europa von Russland trennen oder Russland von Europa trennen will, ist falsch. Die österreichische Politik ist eine Politik der Berechenbarkeit, eine Politik der Vertragstreue und eine Politik der Zusammenarbeit."

Kritik an Mitterlehner 

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hatte bereits Anfang Februar mit einer hochkarätigen Wirtschaftsdelegation Moskau besucht. Bei dieser Gelegenheit kritisierte Mitterlehner die EU-Sanktionen gegen Russland und musste dafür Kritik einstecken. Russland bemüht sich derzeit um die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen, welche die EU wegen des Ukraine-Konflikts und der Krim-Annexion verhängt hat. Die Sanktionen laufen im Juni aus. Über eine Fortsetzung müssen die EU-Staaten einstimmig entscheiden.

Am vergangenen Freitag war in St. Petersburg ein bedeutsamer bilateraler Gas-Deal verhandelt worden: Die OMV will dem russischen Gazprom-Konzern im Gegenzug für die OMV-Beteiligung an sibirischen Gasfeldern anbieten, sich seinerseits an der Ölförderung der OMV in der Nordsee zu beteiligen. Das Ausmaß der russischen Beteiligung an der dort tätigen norwegischen OMV-Tochter wird von der Bewertung der OMV-Assets in der Nordsee abhängen - das soll in den nächsten Monaten geschehen.

Der Abschluss der Deals soll noch in diesem Jahr erfolgen. Für die OMV hätte der Einstieg der Russen den Vorteil, dass Gazprom auch einen Teil der in Norwegen notwendigen Investitionen von mehr als einer Milliarde Euro übernehmen würde. Es wurde aber klargestellt, dass Gazprom keine österreichischen OMV-Assets bekommen soll. "Es wird keine Beteiligung der Gazprom an der OMV geben", betonte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). "Wir sind in den Vorgesprächen, auch mit Vertretern der Gazprom, übereingekommen, dass das aus industriepolitischer Sicht in Österreich derzeit nicht gewünscht ist, und wir sind bei unseren Partnern auf entsprechendes Verständnis gestoßen."

(APA)

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