Erst ich – und dann die anderen

Narzissmus hat viele Erscheinungsformen – gesunde und ungesunde. Wie man übergroße Egos im Team erkennt und mit ihnen umgeht.

Sie sind redegewandt, humorvoll, selbstsicher. Aber genauso unsensibel und vereinnahmend. Auch soziale Kompetenzen sucht man bei Narzissten vergeblich. Selbst auf sanfte Kritik reagieren sie empfindlich.

Das macht den Umgang mit ihnen im Job nicht einfach – egal ob der selbstverliebte Kollege in der Chefetage sitzt oder nebenan am Schreibtisch. „Narzisstische Menschen sind einerseits beliebt, andererseits unerträglich“, schreibt Bärbel Wardetzki, Coach und Autorin von „Blender im Job“ (Scorpio-Verlag; 18,50 €).

Auch das Buch „Der Narzissten-Test“ (Dumont; 20,60 €) von Craig Malkin setzt sich mit den übergroßen Egos auseinander. Der US-Psychologe ist überzeugt, dass jeder Mensch narzisstische Züge braucht. Zudem hält er diese nicht für etwas Schlechtes. Seine Begründung: „Es handelt sich dabei um ein ganz normales, überall zu beobachtendes menschliches Phänomen – den Drang, sich als etwas Besonderes vorzukommen.“

Narzissmus tritt laut Malkin in einer Stufenskala auf. Zu wenig Narzissmus hält er für schädlich. „Je weniger sich jemand für etwas Besseres hält, desto stärker nimmt er sich selbst zurück, bis er schließlich ein so geringes Selbstwertgefühl besitzt, dass er sich wertlos und machtlos vorkommt.“

Wird jemand umgekehrt von seinem vermeintlichen Sonderstatus abhängig, dann wird er überheblich und dünkelhaft. „Nur in der Mitte, wo das Verlangen, sich aus sieben Milliarden Menschen hervorzuheben, nicht blind macht für die Bedürfnisse und Gefühle anderer, liegen Glück und Gesundheit.“

Charmante Maske

Malkin unterscheidet zwischen aufdringlichen und unaufdringlichen Narzissten. Erstere sind leicht auszumachen: Sie wollen bei jeder Gelegenheit im Mittelpunkt stehen und nehmen keine Rücksicht, wenn es darum geht, beruflich aufzusteigen. Schwieriger zu erkennen sind jene, die ihren ungesunden Narzissmus hinter einer ruhigen, oft charmanten Maske verstecken. Bisweilen können diese Menschen sogar einfühlsam sein.

Die sozialen Narzissten unter ihnen halten sich für besser als der Rest der Menschheit, streichen gern heraus, das sie nicht nehmen, sondern geben. In der Gruppe der offensichtlichen Narzissten, und hier vor allem am „ungesunden“ Ende der Skala, überwiegen die Männer. Unter den sozialen und introvertierten Narzissten sind die Geschlechter laut Malkin gleich verteilt.

Er rät dazu, sich vor allem mit den Anzeichen von extremem Narzissmus vertraut zu machen. Insbesondere die extrovertierten Narzissten sind geschickt darin, andere um den Finger zu wickeln. Narzissten verlegen sich demnach auf einige vorhersehbare Strategien, um normale, menschliche Schwächen zu verdecken.

Ein Warnsignal ist etwa die Gefühlsphobie. Das heißt, sie zeigen nicht, wenn sie verunsichert sind oder sich verletzt fühlen. Stattdessen werden sie herablassend, weisen andere auf ihre Fehler hin.

Auch Heimlichtuerei ist ein Hinweis. Narzissten fühlen sich unwohl dabei, Bedürfnisse direkt zu äußern. „Daher fädeln sie die Dinge häufig so ein, dass sie indirekt bekommen, was sie wollen. Dies ist eine bequeme Art, niemals um etwas bitten zu müssen.“

Ebenfalls ein Warnsignal: die Gefühlsprojektion. Hier wird die Leistung eines anderen beurteilt – und dabei indirekt kritisiert: „Nicht schlecht, aber?.?.?.“ Malkin: „Der extreme Narzisst liebt es, die Leuchten anderer zu zerdeppern, damit seine heller erscheint.“ Laut Malkin im Übrigen eine der am weitesten verbreiteten Taktiken am Arbeitsplatz.

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