Panama-Papers: Chinas Elite will Spuren verwischen

HONG KONG-CHINA-TAX-MEDIA-PANAMA
HONG KONG-CHINA-TAX-MEDIA-PANAMA(c) APA/AFP/ISAAC LAWRENCE
  • Drucken

Die KP-Führung in Peking ließ alle Berichte über die Panama-Papers sperren. Denn die meisten Eigentümer der Briefkastenfirmen stammen aus China und Hongkong.

Peking. Hong Lei ist unangenehme Fragen gewöhnt. Zweimal in der Woche steht der Sprecher des chinesischen Außenministeriums den internationalen Korrespondenten Rede und Antwort. Und anders als ihre chinesischen Kollegen haben die ausländischen Journalisten die Möglichkeit, die in China sensiblen Themen wie etwa Menschenrechtsverletzungen anzusprechen – ohne gleich mit Repressionen rechnen zu müssen. Normalerweise weiß Hong Lei geschickt zu kontern.

Doch kürzlich reagierte er ungehalten, ja geradezu ruppig auf die Frage, ob er bestätigen könne, dass Angehörige chinesischer Spitzenpolitiker in den Panama-Papieren erwähnten Briefkastenfirmen aufgeführt werden. „Gegenstandslos“ seien diese Anschuldigungen, antwortete er schroff. Deswegen sehe er keine Notwendigkeit, sie zu kommentieren. Schluss. Aus. Weitere Fragen zu diesem Thema nahm er nicht mehr entgegen.

Dabei ist China das Land, das in den Panama-Papieren keineswegs nur am Rand, sondern am häufigsten erwähnt wird. Medien aus rund 80 Staaten veröffentlichen seit Sonntag immer mehr Informationen über die anonym zugespielten Daten der in Panama ansässige Finanzkanzlei Mossack Fonseca. Dem britischen „Guardian“ zufolge, der ebenfalls an der Auswertung der Panama-Papiere beteiligt ist, stammen die meisten Eigentümer der betriebenen Briefkastenfirmen aus China, der zweitgrößte Anteil aus Hongkong, der chinesischen Sonderwirtschaftszone. Mossack Fonseca unterhält insgesamt acht Büros in der Volksrepublik, so viele wie in keinem anderen Land.

Verwandte von Parteigrößen involviert

Und es sind keineswegs nur chinesische Superreiche, die dubiose Briefkastenfirmen in Panama betreiben und so offenbar ihr Vermögen verschleiern wollen. Auch Angehörige von Chinas Spitzenpolitikern sind beteiligt. „Verwandte von mindestens acht gegenwärtigen oder früheren Mitgliedern des Ständiges Ausschusses des chinesischen Politbüros“ werden in den Papieren erwähnt, heißt es in den Berichten, darunter auch der Schwager von Staats- und Parteichef Xi Jinping sowie die Tochter des von 1987 bis 1998 amtierenden Ministerpräsidenten Li Peng.

2012 hatte Xi bei seinem Amtsantritt die Korruption in Partei und Verwaltung angeprangert und ihr den Kampf angesagt. Im selben Jahr berichteten dann die Finanznachrichtenagentur Bloomberg und die „New York Times“, dass Xis Schwager Deng Jiagui über mehrere hundert Millionen Dollar an Unternehmensbeteiligungen und Vermögenswerten verfüge und sie in Steueroasen versteckt haben soll. Die Mehrheit der Chinesen dürfte davon aber nur wenig erfahren haben. Chinas Zensur untersagte sämtlichen chinesischen Medien, darüber zu berichten.

Die Seiten der „New York Times“ wurden gesperrt. Vor zwei Jahren hatte das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) aus ebenfalls geleakten Dateien dann fast 22.000 Offshore-Firmen von Kunden aus China und Hongkong aufgelistet, mit denen Chinas Reiche ihr Vermögen verschleiern wollten. Unter ihnen fanden sich auch Verwandte von Ex-Präsident Hu Jintao. Auch das wurde in China verschwiegen.

Und auch jetzt ist es Chinas Medien untersagt, über die Enthüllungen zu berichten. Die Zensurbehörden durchforsten seit Montag sämtliche soziale Medien in China nach Begriffen wie „Panama“ und „Dokumente“ und lassen die Einträge löschen. BBC und CNN sind nicht mehr zu empfangen, andere ausländische Websites sind geblockt. Lediglich die der Kommunistischen Partei nahestehende „Global Times“ greift die Enthüllungen in einem Kommentar auf, ohne jedoch die chinesischen Politiker zu erwähnen. Stattdessen mutmaßt die Zeitung, dass hinter der Veröffentlichung der Dokumente eine „mächtige Kraft“ stehe. Geschädigt werden sollten Gegenspieler des Westens wie etwa Russlands Präsident, Wladimir Putin.

Nur über die Verwicklung von Lionel Messi im Zusammenhang der Panama-Papiere durften die chinesischen Medien berichten. Der Weltfußballer hatte bisher aber auch nur wenig mit der Führung in Peking zu tun gehabt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Panama Papers: Cameron veröffentlicht Steuererklärung
Außenpolitik

Panama Papers: Cameron veröffentlicht Steuererklärung

Der britische Premier versucht, einen Schlussstrich unter die Berichte über die Offshore-Geschäfte seines verstorbenen Vaters zu ziehen.
FILES-BRITAIN-PANAMA-TAX-MEDIA-CAMERON-EU-REFERENDUM
Außenpolitik

Der Spagat des David Cameron

Der Premier räumt nach tagelangem Lavieren ein, einen Anteil an der Offshore-Firma seines Vaters gehalten zu haben. Für das EU-Referendum bleibt ihm vorerst keine Zeit.
Britain's Prime Minister David Cameron addresses students at Exeter University in Exeter, Britain
Außenpolitik

Panama-Leaks: Cameron hatte Anteile an Briefkastenfirma von Vater

"Panama Papers". Der britische Premier gerät unter Druck. Er sagte im Fernsehen, er habe Anteile im Wert von rund 30.000 Pfund am Blairmore Investment Trust besessen.
The skyline of lower Manhattan
International

Ein österreichischer Offshore-Banker in New York

Der Ex-Vorstand einer Wiener Privatbank kaufte über Offshore-Firmen Wohnungen in New York. Grund war das US-Erbrecht, sagt er.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.