"Eine traurige Reise": Der Papst besucht Lesbos

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Vatican Pope Francis leads Weekly General Audience Pope Francis greets the faithful as he arrives timago/Pacific Press Agency
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Während Franziskus auf Lesbos Flüchtlingen Mut zuspricht, appelliert Mogherini an Österreich, keine Mauern zu bauen.

Lesbos/Lampedusa/Wien. Papst Franziskus hat bei seinem Kurzbesuch auf der griechischen Insel Lesbos den Flüchtlingen Mut zugesprochen. „Ich will euch sagen, dass ihr nicht allein seid“, sagte der 79-Jährige im Flüchtlingszentrum Moira. „Das ist die Botschaft, die ich euch heute vermitteln will: Verliert nicht die Hoffnung!“ Zwölf (per Los ausgewählte) syrische Flüchtlinge hat Franziskus nach seinem Besuch mit in den Vatikan genommen. Die drei muslimischen Familien, darunter sechs Kinder, sollen künftig im Vatikan untergebracht werden.

Die internationale Gemeinschaft hatte der Papst auf Lesbos aufgerufen, mit Menschlichkeit auf die Flüchtlingskrise zu reagieren. „Diese Insel trägt die ganze Last Europas“, sagte Franziskus. Begleitet wurde er vom Patriarchen der griechisch-orthodoxen Kirche, Batholomaios, und dem griechisch-orthodoxen Erzbischof von Athen, Hieronymos II. Die drei appellieren an die Solidarität der Politik – auf Lesbos haben sie eine gemeinsame Deklaration unterzeichnet. „Europa steht heute vor seiner ernstesten humanitären Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Die drei Kirchenführer rufen darin „nachdrücklich alle Länder“ auf, zeitlich beschränktes Asyl zu verlängern, Hilfskapazitäten auszubauen und für eine schnelle Beilegung der Konflikte zu arbeiten, die die Flüchtlingsströme auslösen. Zudem bekundeten sie ihre Solidarität mit den Menschen in Griechenland, „die trotz ihrer eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten mit Großherzigkeit auf diese Krise reagiert haben“.

Hilfsorganisationen hatten zuvor die Zustände im Lager Moira kritisiert. Vor dem Papstbesuch seien Wände gestrichen, ein Abwassersystem installiert und Dutzende Migranten aus dem überfüllten Lager anderswo untergebracht worden. Der Papst setzt sich seit seinem Amtsantritt vehement für Flüchtlinge ein, schon seine erste Reise als Oberhaupt der Kirche unternahm Franziskus nach Lampedusa.


Mogherini appelliert an Österreich. Eben dorthin, auf die italienische Insel Lampedusa, ist am gestrigen Samstag auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini gereist, um Flüchtlingslager zu besuchen – und sie hat dort an Österreich appelliert, in Sachen Flüchtlingspolitik „keine Mauern zu errichten“ und wie im vergangenen Sommer Aufnahmebereitschaft gegenüber Flüchtlingen zu zeigen. Mogherini äußerte die Hoffnung, dass die österreichische Regierung ihre Position in der Flüchtlingspolitik samt den geplanten Grenzmaßnahmen überdenken werde. Auch die Präsidentin der Region Friaul-Julisch Venetien, Debora Serracchiani, bekräftigte am Samstag ihren Appell gegen eine mögliche Grenzschließung. „Vor der Verzweiflung der Flüchtlinge hält keine Mauer lang. Ein geteiltes Europa wäre noch unsicherer“, so Serracchiani.

Österreich hat angesichts der Flüchtlingsströme und einer befürchteten Verlagerung der Routen Maßnahmen an der Brenner-Grenze eingeleitet. In Italien, Südtirol und in der EU-Kommission wird das größtenteils kritisch gesehen.


Faymann schlägt Transitvisa vor. Bundeskanzler Werner Faymann hat indes in einem „Kurier“-Interview vorgeschlagen, dass Deutschland, wenn es fortgesetzt eine große Zahl an Menschen aufnehmen wolle, Flüchtlingen an der EU-Außengrenze oder außerhalb der EU Transitvisa ausstellt. Das sei die „einzige Möglichkeit, zu verhindern, dass es zu unkontrollierten Einreisen kommt“. Faymann rief die EU-Partner auf, sich auf eine neue Flüchtlingswelle vorzubereiten. „Wer behauptet, ohne Limitierung aufnehmen zu können, der sagt nicht die Wahrheit.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2016)

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