EU bedauert Absage der Mazedonien-Gespräche

Südosteuropa. Die Chefs der mazedonischen Regierungsparteien und der Opposition hätten in Wien über einen Ausweg aus der Krise verhandeln sollen. EU-Vertreter warnen, dass sich Mazedonien immer weiter von der EU entfernt.

Wien. Es sind tiefe Gräben, die sich in Mazedoniens innenpolitischer Landschaft auftun. Die Regierungsparteien und die Opposition sind massiv zerstritten, das Land ist wie gelähmt. Nachdem zuletzt Präsident Gjorge Ivanov für Ex-Premier Nikola Gruevski und andere führende Politiker eine Amnestie vor Strafverfolgung durch die neue Sonderstaatsanwaltschaft ausgesprochen hatte, gingen Tausende Demonstranten auf die Straße.

Um die innenpolitische Lage zu entschärfen, hätten führende Politiker des Landes heute, Freitag, auf Vermittlung der EU zu Gesprächen in Wien zusammenkommen sollen. Am Donnerstag musste das Treffen aber wieder abgesagt werden. Vorerst seien die Voraussetzungen für solche Verhandlungen nicht gegeben, sagte der Sprecher der EU-Kommission in Wien.

Der österreichische EU-Kommissar Johannes Hahn hatte gemeinsam mit den EU-Abgeordneten Ivo Vajgl (Slowenien), Edvard Kukan (Slowakei) und Richard Howitt (Großbritannien) versucht, die mazedonischen Politiker nach Wien zu bringen. In einer ersten Stellungnahme bedauerten Hahn und die drei EU-Abgeordneten, dass die Gespräche nicht zustande kamen. Sie warnten davor, dass sich Mazedonien immer weiter von einem EU-Beitritt entferne. Angesichts fehlender Fortschritte sei man gezwungen, „weitere Maßnahmen“ zu ergreifen.

Am Treffen in Wien hätten Ex-Premier Gruevski, Chef der regierenden VMRO-DPMNE, Ali Ahmeti, Chef der mitregierenden Albanerpartei DUI, und die Oppositionspolitiker Zoran Zaev (SDSM) und Menduh Thaçi (DPA) teilnehmen sollen. Dem Vernehmen nach stellte Zaev aber Vorbedingungen, die die Vertreter der Regierungsparteien nicht akzeptieren wollten.

Zaev ist ein vehementer Gegner der VMRO-DPMNE. Monatelang boykottierten die Sozialdemokraten die Arbeit im Parlament.

Im Juli schien es aber zunächst so, als würde sich die Lage entspannen. Auf Betreiben des EU-Nachbarschaftskommissars Hahn einigten sich Mazedoniens Regierung und Opposition auf Neuwahlen und die Bildung einer Sonderstaatsanwaltschaft, die die politischen Affären im Land untersuchen soll. Gruevski gab das Premiersamt ab. Ursprünglich hätten die Parlamentswahlen am 24. April abgehalten werden sollen. Wegen eines Streits um das Wählerverzeichnis wurde der Urnengang nun auf 5. Juni verschoben. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2016)

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