Ägypten: Regime erstickt Proteste im Keim

Supporters of Egypt´s army and Egyptian President Abdel Fattah al-Sisi dance and cheer as they celebrate the anniversary of Sinai Liberation Day in Cairo
Supporters of Egypt´s army and Egyptian President Abdel Fattah al-Sisi dance and cheer as they celebrate the anniversary of Sinai Liberation Day in Cairo(c) REUTERS (AMR ABDALLAH DALSH)
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Die Sicherheitskräfte des Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi marschierten am Montag in Kairo auf, um geplante Demonstrationen zu verhindern. In der Bevölkerung wächst der Unmut.

Kairo. Es war der Versuch, in Ägypten politischen Raum auf der Straße zurückzugewinnen. Mehrere Oppositionsgruppen, von säkularen Jugendaktivisten über Linke bis hin zur verbotenen Muslimbruderschaft, hatten dazu aufgerufen, am 25. April auf die Straße zu gehen. Unter dem Motto „Unser Land steht nicht zum Verkauf“ sollten sich die Demonstranten am Montag in Kairos Innenstadt zu Protestmärschen versammeln. Doch zunächst wurde das massive Aufgebot der Sicherheitskräfte unterbunden. Rund um die erwarteten Versammlungsorte wurden Aktivisten und auch mindestens fünf ägyptische Journalisten verhaftet.

Anlass für die angekündigten Proteste war die Übereinkunft, die der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi diesen Monat mit dem saudischen König Salman getroffen hatte: Ägypten wird Tiran und Sanafir, zwei unbewohnte, aber strategisch wichtige Inseln im Roten Meer am Golf von Akaba, an Saudiarabien abgeben. Da Saudiarabien gleichzeitig Milliardenkredite für Ägypten angekündigt hatte, gab es in dem Land am Nil einen Aufschrei: Sisi verkaufe Teile Ägyptens an Saudiarabien.

Vor zehn Tagen kam es dann zu den bisher größten Demonstrationen in Ägypten, seit das Regime im November 2013 de facto ein Demonstrationsverbot erlassen hatte. Mehrere Tausend Menschen hatten sich in Kairos Innenstadt versammelt und riefen wie zu Zeiten des Aufstandes gegen Mubarak zum Sturz des Regimes auf. „Erst verkaufen sie zwei kleine Inseln, dann vielleicht das ganze Land. Statt den Saudis Geschenke zu machen, sollten sie sich lieber um die Jugend hier im Land kümmern“, sagte die Studentin Fatima bei diesem Protest zur „Presse“.

„Folter, Mord und Korruption“

Für viele Demonstranten war die Abgabe der Inseln nur der letzte Auslöser. „Wir müssen das Land vom Militärregime reinigen“, forderte ein Demonstrant, der anonym bleiben wollte. „Seit drei Jahren herrschen Folter, Mord, Terrorismus, Zerstörung, Preiserhöhungen und Korruption. Ich habe die ägyptischen Präsidenten Nasser, Sadat, Mubarak und Mursi erlebt. Sisi ist eindeutig der schlimmste.“ Ironischerweise ist es ausgerechnet der ägyptische Nationalismus, mit dem Militärs und Sisi in den vergangenen Jahren Anhänger mobilisiert haben, der sich nun bei der Inselfrage gegen sie wendet. Schon vor Tagen herrschte eine regelrechte Hysterie auf Seiten der ägyptischen Machthaber. Präsident Sisi hatte in einer Rede erklärt, dass er keine Versuche erlauben werde, Ägyptens Sicherheit zu bedrohen und Chaos zu verbreiten. Innenminister Magdy Abdel Ghaffar warnte bereits am Sonntag, dass seine Truppen mit „äußerster Härte“ gegen alle vorgehen werden, die die öffentliche Sicherheit störten. Staatlich kontrollierte Medien sprachen davon, dass „die Proteste im Sand begraben werden“.

Menschen in Cafés verhaftet

Schon im Vorfeld kam es zu einer Verhaftungswelle. Laut der ägyptischen Menschenrechtsorganisation EIPR sollen mehr als 90 Menschen in acht Provinzen festgenommen worden sein, um die Demonstrationen am 25. April zu verhindern. „Die Polizei hat vornehmlich junge Menschen in Cafés im Zentrum Kairos, an U-Bahn-Stationen und an Straßensperren oder in ihren Häusern festgenommen“, heißt es in einer Erklärung.

Statt der Opposition versammelten sich bis zum Montagnachmittag nur kleinere Gruppen von Sisi-Anhängern, trotz allgemeinem Demonstrationsverbot. Die Polizei schritt nicht ein, wohl auch, weil einige der Sisi-Anhänger einen Polizeioffizier feierlich auf der Schulter durch die Straßen trugen. In einer der orchestrierten Demonstrationen riefen die Sisi-Anhänger „Ägypten, Ägypten“ und schwenkten die grüne saudische Fahne.

AUF EINEN BLICK

Mehrere Oppositionsgruppen hatten für Montag Proteste gegen Ägyptens Regime angekündigt. Doch die ägyptischen Sicherheitskräfte marschierten mit massiven Kräften in der Innenstadt von Kairo auf und verhinderten zunächst jegliche Demonstrationen. Zu den Kundgebungen hatten säkulare Jugendaktivisten, Linke und Anhänger der verbotenen Muslimbruderschaft aufgerufen.

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