Asiens Donald Trump auf Siegeszug

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Rodrigo Duterte beleidigt den Papst und will Tausende Verbrecher töten: Seine aggressive Rhetorik macht ihn zum Favoriten bei den Präsidentschaftswahlen am 9. Mai.

Bangkok/Manila. Dieser Präsidentschaftsbewerber gibt mit jedem Auftritt neuen Anlass für Empörung. Seine extremen Äußerungen und sein Feldzug gegen etablierte Politiker bescheren ihm gleichzeitig großen Zulauf. Die Rede ist nicht von Donald Trump, sondern von dem Kandidaten, der beste Chancen hat, neuer Staatschef der Philippinen zu werden: Rodrigo Duterte (71) – einem Mann, der über Vergewaltigungen witzelt, den Papst beschimpft und mit Todesdrohungen gegen Kriminelle punktet.

In Umfragen liegt der erklärte Gegner politischer Korrektheit wenige Tage vor der für 9. Mai angesetzten Abstimmung klar in Führung. Sein Kernthema brachte der 71-Jährige diese Woche einer Unternehmergruppe in Manilas Geschäftsviertel mit markigen Worten nahe. „Ich werde die Kriminellen jagen“, sagte Duterte. „Und wenn sie Widerstand leisten, dann werde ich einfach sagen: Tötet sie!“

„Würde meine Kinder töten“

Verbrechensbekämpfung mit aller Härte ist das Markenzeichen des langjährigen Bürgermeisters von Davao City – einer Metropole, die früher als Mordhauptstadt des Landes und inzwischen als vergleichsweise sichere Gegend gilt. Mit extremen Methoden will Duterte seine Law-and-Order-Politik auf nationaler Ebene fortsetzen. Seinen Anhängern verspricht er im Fall seines Wahlsiegs eine blutige Präsidentschaft. Er werde 100.000 Verbrecher töten und ihre Leichen in die Bucht von Manila werfen, sagte er in einem TV-Interview.

Es ist davon auszugehen, dass sich hinter den martialischen Aussagen mehr verbirgt als reines Säbelrasseln: Während Duterte in Davao das Sagen hatte, wurden mehr als 1000 mutmaßliche Kleinkriminelle und Drogendealer von einer Bürgerwehr ohne jeglichen Gerichtsbeschluss hingerichtet. Verbindungen zum illegal operierenden Tötungskommando gab Duterte zuletzt offen zu. Als er in der letzten TV-Debatte vor der Wahl gefragt wurde, was er tun würde, wenn seine Kinder in Drogengeschäfte verwickelt wären, antwortete er: „Ich würde sie töten.“

Der hohe Zuspruch für den radikalen Kandidaten liegt aus Sicht von politischen Beobachtern am weitverbreiteten Frust mit der Führung des bisherigen Präsidenten, Benigno Aquino III., der nach seiner sechsjährigen Amtsperiode nicht mehr antreten darf. Aquino gelang es zwar, die Philippinen vom ehemals „kranken Mann Asiens“ zu einer der wachstumsstärksten Volkswirtschaften des Kontinents umzuformen. Doch in dem Land, in dem immer noch eine vergleichsweise hohe Arbeitslosigkeit herrscht und fast ein Drittel der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt, haben viele Wähler in den ländlichen Gebieten das Gefühl, zu kurz zu kommen.

„Es hilft Duterte, dass er nicht aus der Hauptstadt stammt“, sagt Ranjit Singh Rye, Politologe an der University of the Philippines. „Der Respekt der Wähler gegenüber den traditionellen Eliten schwindet. Sie wollen einen entschlossenen Anführer, der so spricht wie sie und nicht noch einen weiteren Stammeshäuptling.“ Damit spielt er auf die mächtigen Dynastien an, die die Politik der Philippinen seit Jahrzehnten prägen. Aquino ist Sohn eines Ex-Präsidenten, sein favorisierter Nachfolger ist Enkel eines früheren Staatsoberhauptes. Und Favorit für den Posten des Vizepräsidenten ist der Sohn des früheren Diktators Ferdinand Marcos.

„Duterte gilt hingegen als authentischer Mann des Volkes“, sagt Politologe Rye. Diesen Ruf untermauert er regelmäßig mit seinen ruppigen Äußerungen. Papst Franziskus bezeichnete er als „Hurensohn“, weil dieser bei seinem Besuch auf den Philippinen lange Staus in Manila verursacht habe. In seinen Reden prahlt er damit, neben seiner Frau noch mehrere Geliebte zu haben. Der Unternehmergruppe in Manila erzählte er ungefragt, dass er Viagra nimmt.

Witze über Vergewaltigung

Internationalen Protest löste er kürzlich aus, indem er öffentlich scherzhaft bedauerte, dass er an der Massenvergewaltigung einer Australierin nicht selbst beteiligt war. Die negativen Schlagzeilen scheinen seine Anhänger aber nicht zu stören. Duterte baute seinen Vorsprung noch weiter aus und liegt laut Umfragen mit 35 Prozent vor seiner größten Konkurrentin, der Senatorin Grace Poe, die auf 23 Prozent kommt.

Duterte polarisiert. „Ebenso wie Trump hat er mit seiner klaren Sprache und beleidigenden Rhetorik Wähler sowohl angezogen als auch andere verschreckt“, kommentiert Curtis S. Chin, der am amerikanischen Milken Institute forscht. Viele Philippiner sehen sich seiner Meinung nach mit einer unangenehmen Entscheidung konfrontiert. „Entweder gibt es keinen Wandel oder Wandel in die falsche Richtung.“

AUF EINEN BLICK

Am 9. Mai 2016 finden im südostasiatischen Inselstaat Philippinen Präsidentschaftswahlen statt. In Umfragen führt Rodrigo Duterte, Bürgermeister von Davao City: Er sorgte mit Aussagen über Vergewaltigung und Gewalt sowie Beleidigungen des Papstes für Empörung – und punktete damit gleichzeitig in Umfragen. Der amtierende Präsident, Benigno Aquino III., kandidiert nicht mehr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2016)

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