Die große Show des Kim Jong-un

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NKOREA-POLITICS-PARTY-CONGRESS(c) APA/AFP/ED JONES
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Diktator Kim Jong-un hat zum ersten Parteikongress seit 36 Jahren geladen. Das Spektakel dient vor allem seiner Machtkonsolidierung. Südkoreanische Experten rechnen allerdings auch mit einem weiteren Atomtest.

Peking/Pjöngjang. Nordkoreanische Nachrichtensprecherinnen sind für ihre leidenschaftlichen Ansprachen bekannt. Doch bei den Abendnachrichten am Freitag ist die Sprecherin des Staatsfernsehens so aufgeregt, dass sich ihre Stimme überschlägt. „Der ruhmreiche Parteikongress hat heute begonnen“, keucht sie. Zum ersten Mal seit 36 Jahren trifft sich seit diesem Freitag die nordkoreanische Arbeiterpartei zu ihrem Parteikongress. Der amtierende Machthaber, Kim Jong-un, hat Tausende von Delegierte aus dem ganzen Land in die Hauptstadt Pjöngjang geladen. Am Abend soll er auch eine Rede gehalten haben.

Über den genauen Inhalt war bis Redaktionsschluss nichts bekannt. Zwar hat die nordkoreanische Führung 100 Journalisten aus dem Ausland geladen. Doch sie mussten vor dem Gebäude des Parteikongresses bei strömendem Regen mehr als eine Stunde warten. Anschließend wurden sie in Bussen zurück in ihre Hotels gebracht.

Obwohl der Parteikongress der Satzung zufolge alle fünf Jahre abgehalten werden soll und bis heute formal Nordkoreas wichtigstes Entscheidungsgremium ist, handelt es sich erst um die siebente Zusammenkunft seit Gründung des Einparteienstaats vor 68 Jahren. Als der Kongress 1980 das letzte Mal abgehalten wurde, war Kim Jong-un noch nicht einmal geboren.

Über die Gründe, warum ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt der Parteikongress stattfindet, gibt es unterschiedliche Angaben. Offiziell heißt es vom nordkoreanischen Außenministerium: Der Kongress biete der Partei die Möglichkeit, „ihre Errungenschaften und ihre Einheit zu feiern angesichts der Bedrohung durch die US-Imperialisten“.

Die meisten ausländischen Nordkorea-Experten glauben, der Parteikongress werde zum Zweck der Machtkonsolidierung des jungen Kim abgehalten. „Es sieht so aus, als ob der erste Kongress seit 1980 im Wesentlichen der Krönung Kim Jong-uns dient“, vermutet Andrew O'Neill, Nordkorea-Experte an der Griffith Universität in Australien. Er verlaufe in gewisser Weise analog zu dem Kongress von 1980. Der markierte damals die Machtübernahme des Vaters Kim Jong-il.

„Ewiger Generalsekretär“

Sehr wahrscheinlich wird der junge Kim auf dem Parteikongress den Posten des stellvertretenden Generalsekretärs der Arbeiterpartei übernehmen und damit als Oberhaupt der regierenden Arbeiterpartei bestätigt. Offiziell bleibt sein 2011 verstorbener Vater Kim Jong Il „ewiger Generalsekretär“. Auch der Präsidentenposten bleibt dem jungen Kim verwehrt, weil sein ebenfalls verstorbener Großvater, Nordkoreas Staatsgründer Kim Il-sung, den Titel „ewiger Präsident“ trägt.

Neben einer Reihe von Wirtschaftsreformen wird erwartet, dass Kim sein Land offiziell zu einem Atomstaat erklären wird. Der vierte Atomtest im Jänner hat nicht nur die USA sowie die unmittelbaren Nachbarn Japan und Südkorea erzürnt, sondern auch die chinesische Führung, Nordkoreas letzten Verbündeten. Der UN-Sicherheitsrat verhängte die bislang strengsten Sanktionen gegen den Arbeiterstaat. Unter der Drohung, dass es sich nicht einschüchtern lasse, antwortet Nordkorea seitdem immer wieder mit dem Abschuss von Langstreckenraketen, die aber allesamt ins Meer gestürzt sind. Für die kommenden Tage befürchtet die südkoreanische Regierung, dass die nordkoreanische Führung eine weitere Atombombe testen könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2016)

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