"Als Politiker darf man nicht einmal mehr krank werden"

SPD-Chef Sigmar Gabriel
SPD-Chef Sigmar GabrielAPA/dpa/Peter Steffen
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SPD-Chef Sigmar Gabriel dementiert angebliche Rücktrittspläne. Er gilt seit Monaten als - politisch - angeschlagen.

Der deutsche SPD-Chef Sigmar Gabriel hat Gerüchte über einen bevorstehenden Rücktritt entschieden zurückgewiesen. "Dass man in Deutschland nicht mal mehr krank werden darf als Politiker, ohne dass einer dummes Zeug erzählt, hat mich auch bisschen überrascht", sagte der Vizekanzler und Wirtschaftsminister am Sonntag dem Sender RTL während eines Besuchs in Stockholm.

Er reagierte damit auf Äußerungen des "Focus"-Herausgebers Helmut Markwort. Unterdessen mahnte Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz seine Partei in einem Strategiepapier, die rechtspopulistische AfD nicht zu dämonisieren und mit ihr über ihre konkreten Vorschläge zu diskutieren.

Markwort hatte bei einem Fernsehstammtisch des Bayerischen Rundfunks gesagt, er habe "aus zuverlässiger Quelle gehört, dass der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel zurücktreten will". Parteivize Scholz solle Nachfolger werden. "Ich glaube, dass das so viel Quatsch ist, dass man es noch nicht mal richtig dementieren kann", sagte dazu Justizminister Heiko Maas in der ARD. Der stellvertretende Vorsitzende Ralf Stegner kommentierte die Äußerung mit dem Satz, Markwort habe "in München wohl zu viel Sonne abbekommen".

Gabriel gilt seit seinem 74-Prozent-Ergebnis bei seiner Wiederwahl auf dem Parteitag im Dezember als angeschlagen. In der SPD herrscht Unmut, dass es nicht gelingt, das Umfragetief zu verlassen. In der Emnid-Sonntagsfrage für die "Bild am Sonntag" kommt die SPD aktuell auf 22 Prozent. Die AfD erreichte dagegen mit 14 Prozent einen neuen Höchststand.

Nach einer rund einwöchigen Krankheitspause - laut Medienberichten aufgrund einer Gürtelrose - reiste Gabriel am Sonntag zu Gesprächen mit Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven und Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann nach Stockholm. Am Montag will der 56-Jährige in Berlin eine Parteiveranstaltung zu Gerechtigkeitsfragen eröffnen. Am Samstag hatte sich Gabriel nach seiner Krankheit mit Äußerungen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters zurückgemeldet, in denen er Schuldenerleichterungen für Griechenland forderte.

Im RTL-Interview dementierte Gabriel auch angebliche Pläne, erst nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai nächsten Jahres über den Kanzlerkandidaten seiner Partei zu entscheiden, um so einen eher kurzen Wahlkampf zu führen. "Ich weiß nicht, wer solchen Unfug in die Welt setzt", sagte der SPD-Vorsitzende. Wann über den Kandidaten entschieden werde, "werden die Gremien irgendwann sagen". Bisher war die Entscheidung über den Kanzlerkandidaten für Anfang 2017 erwartet worden.

Maas sagte, Gabriel sei natürlich "derjenige, auf den die Kanzlerkandidatur zuläuft". Der Parteivorsitzende werde irgendwann einen Vorschlag machen, wie in der Frage weiter verfahren werden solle. Die Erfahrungen zeigten, dass ein Kandidat nicht zu früh benannt werden sollte.

Zum Umgang mit der AfD schreibt Parteivize Scholz in einem Reuters vorliegenden Strategiepapier für das Präsidium: "So lange die AfD 'nur' rechtspopulistisch ist, sollten wir sie nicht als Nazis bezeichnen. Das macht uns unglaubwürdig." Die SPD müsse sich "auf plausible Handlungsvorschläge" konzentrieren. Der AfD tue man den größten Gefallen, wenn man überwiegend über die Partei "an sich" diskutiere. "Lasst uns nicht über die Existenzberechtigung der AfD streiten." Justizminister Maas sagte im ARD-"Bericht aus Berlin", die AfD wolle von den anderen politischen Parteien als Aussätzige behandelt werden. Die AfD sei aber "eine langweilige, eine stinknormale, miefige Partei. Und jetzt müssen wir uns mit ihnen inhaltlich auseinandersetzen."

(APA/Reuters)

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