Wagenknecht: Sozialdemokratie hat Ideale aufgegeben

Sahra Wagenknecht
Sahra Wagenknecht(c) imago/Metodi Popow (imago stock&people)
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Die Fraktionschefin der deutschen Linken meint, dass sich SPD und SPÖ zu sehr an das konservative Pendant angeglichen haben.

"Wenn es eine Politik gegen die Interessen der eigenen Wählerschaft gibt, darf man sich nicht wundern, dass sie dann sagen, ihr könnt mich mal." Diesen Befund stellt Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin der Deutschen Linken, der Sozialdemokratie aus - in Deutschland, aber auch in Österreich. In beiden Ländern kämpfen die traditionellen Arbeiterparteien mit Wählerschwund. Schuld daran sei deren Verhalten in der Großen Koalition: "Sie haben zugelassen, dass sie ununterscheidbar wurden zu ihrem konservativen Pendant", meint sie vor Vertretern der Auslandspresse in Berlin. Wobei sie speziell den deutschen Sozialdemokraten Versäumnisse vorwirft, unter anderem die Agenda 2010 unter dem früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Mit den Linken musste sie kürzlich allerdings selbst eine ähnliche Erfahrung wie die Sozialdemokraten machen, dass ihr nämlich die Wähler davonliefen. Bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt im März verlor ihre Partei 7,4 Prozentpunkte und landete mit nur mehr 16,3 Prozent auf Rang drei - überholt von der AfD. Wagenknecht macht dafür vor allem die Wahlstrategie ihrer Partei verantwortlich, dass man nämlich nicht ausreichend das eigene Profil herausgestrichen habe - dass die Linke nämlich "nicht Teil des neoliberalen Parteienkartells" sei, zu dem sie auch die AfD zählt. Man habe der AfD die Chance gegeben, sich als die Partei der Kleinen zu inszenieren - die sie aber gar nicht sei.

"Rationale Gründe für Ängste"

Gerade im Umgang mit der AfD sieht Wagenknecht eine Herausforderung. Falsch sei es jedenfalls, Ängste der Menschen als unbegründet wegzudiskutieren, "für die es rationale Gründe gibt". Es sei klar, dass weniger wohlhabende Menschen Angst vor Mietsteigerungen haben. "Nur sind daran nicht die Flüchtlinge schuld, sondern der mangelnde Wohnbau." Genau solche Ängste dürfe man nicht der AfD überlassen, weil die sie dann "in eine rassistische Richtung drängt". Jene Flüchtlinge, die schon hier sind, müsse man natürlich integrieren, "ihnen muss eine Chance gegeben werden". Doch, um ein Missverständnis auszuräumen, sei die Linke "nicht die Partei, die möglichst viele Flüchtlinge nach Deutschland holen will".

Vielmehr gehe es ihr darum, dass dafür gesorgt wird, dass Menschen keinen Grund haben, aus ihrer Heimat zu fliehen. Dazu gehöre unter anderem, dass Deutschland keine Waffen mehr exportiere und auch keine Bundeswehrsoldaten in Krisengebieten einsetze. Und abgesehen davon habe die Armut, vor der viele Menschen fliehen, auch wirtschaftliche Gründe: "Solange wir arme Länder zwingen, ihre Märkte zu öffnen, dürfen wir uns nicht wundern."

2017 auf die soziale Karte setzen

Die internationale Situation rund um die Flüchtlinge will sie auch bei der 2017 anstehenden Bundestagswahl in Deutschland thematisieren. Daneben will Wagenknecht vor allem auf die soziale Karte setzen, dass etwa die Zahl der armen Kinder und Rentner steige, so wie auch die Zahl der Multimillionäre. Und dass, während der Reichtum explodiere, die Mittelschicht hohe Steuern zahlen müsse. Klassisch linke Positionen, also, die für Wagenknecht noch immer zeitgemäß sind. So zeige zum Beispiel die britische Labour Party unter ihrem neuen Parteivorsitzenden Jeremy Corbyn oder auch die Kampagne des demokratischen Präsidentschaftswerbers Bernie Sanders in den USA, dass es "mit linken Idealen nicht so schlecht bestellt ist".

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