Dienstwagenaffäre verpatzt SPD den Wahlkampfstart

(c) Reuters (Heino Kalis)
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Während Merkels Urlaub wollte die SPD im deutschen Wahlkampf punkten. Nun gibt es Negativschlagzeilen für Gesundheitsministerin Schmidt. Sie hat ihren Dienstwagen in den Urlaub nachkommen lassen.

Berlin. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hatte sich den Start in die heiße Phase des Wahlkampfs wohl anders vorgestellt. Kaum war Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in den Urlaub nach Südtirol entfleucht, wollte Steinmeier ins Rampenlicht treten und die Aufmerksamkeit der deutschen Öffentlichkeit auf sich ziehen. Auf einer „Mobilisierungskonferenz“ sollen diese Woche die SPD-Abgeordneten auf den Wahlkampf eingeschworen werden, am Donnerstag stellt die SPD ihr Schattenkabinett vor, das offiziell „Kompetenzteam“ heißt. Die SPD dümpelt in den Umfragen dahin, nur 25 Prozent der Deutschen wollen Steinmeier als Kanzler (Merkel: 62%).

Statt den bitter notwendigen Schlagzeilen für den Kanzlerkandidaten gibt es nun jedoch negative für seine Parteikollegin, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt. Die Dienstwagenaffäre erhitzt die Gemüter der deutschen Steuerzahler. Die Ministerin war auf eigene Kosten in den Urlaub nach Spanien geflogen und hatte ihren Dienstwagen nachkommen lassen. Auch wenn sie sich rechtlich nichts zuschulden kommen hat lassen, zeugt doch der teure Gebrauch des Dienstwagens im Ausland vom mangelnden Feingefühl Schmidts, die sich sonst gern demonstrativ für Arme, Kranke und Alte einsetzt.

Verschwendung von 10.000 €

Statt inhaltlichen und personellen Fragen wird der Wahlkampf der Sozialdemokraten nun von Zahlenspielen dominiert: Wie teuer war der Einsatz des Dienstwagens wirklich? Die Behauptung des Gesundheitsministeriums, es habe sich um die wirtschaftlichere Lösung gehandelt, die mit bloß 500 Euro Benzinkosten zu Buche schlug, wird massiv angezweifelt. Der Bund der Steuerzahler kommt auf eine ganz andere Summe: knapp 10.000 Euro. Benzin, allgemeine Abnutzung, Mautgebühren und mindestens sechs Übernachtungen für den Fahrer plus Dienstzeit und Überstunden. All das für zwei berufliche Termine: ein Treffen mit dem Bürgermeister und eines mit deutschen Rentnern. Zu Letzterem musste Schmidt mit einem Mietwagen fahren, nachdem man ihr die Dienstkarosse gestohlen hatte. Versichert war sie übrigens nicht.

Weitere SPD-Minister betroffen

Ein Pech für die Ministerin, da die Sache andernfalls kaum bekannt worden wäre. Nun setzt es Spott und Häme von der Opposition und dem Koalitionspartner Union. Schmidt habe wohl die Abwrackprämie nicht richtig verstanden, ätzt etwa CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Die Opposition spricht von skandalöser Verschwendung und Größenwahn. Auch Autovermieter springen auf: „Warum mit dem Dienstwagen in Urlaub? Es gibt Sixt doch auch in Alicante.“

Schmidt will nun dem Bundesrechnungshof alle Informationen für eine Prüfung geben und dem Haushaltsausschuss Rede und Antwort stehen. Sie bleibt dabei, korrekt gehandelt zu haben. Dieser Sprachregelung muss sich die SPD nolens volens anschließen. Zumal Zeitungen berichten, dass auch vier andere SPD-Minister ihre Dienstwagen im Urlaub benutzten: Arbeitsminister Scholz, Justizministerin Zypries, Verkehrsminister Tiefensee und Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul. Notwendig ist dies nur für Kanzlerin, Vizekanzler, Innen- und Verteidigungsminister, da sie der höchsten Gefährdungsstufe unterliegen.
Meinung Seite 27

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2009)

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