Iran: Polizei sprengt Trauerfeier der Opposition

(c) Reuters (Pawel Kopczynski)
  • Drucken

Unterlegener Präsidentschaftswerber Moussavi zu Rückfahrt gezwungen. Wieder Demonstrant gestorben.

TEHERAN(ag.). Die politische Krise im Iran nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad Mitte Juni heizt sich weiter auf: Am Abend begannen Demonstranten in der Teheraner Innenstadt, Mülleimer anzuzünden. Zuvor war die Polizei gegen eine Trauerfeier der Opposition auf dem Friedhof Behesht-e-Zahra im Süden Teherans vor. Hier hatten sich hunderte Menschen versammelt, um Gräber von Demonstranten zu besuchen, die bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften gestorben waren.

Polizisten trieben die Menge mit Knüppeln auseinander und verhafteten eine unbestimmte Zahl von Demonstranten. Besonders brisant war das Vorgehen der Polizei gegen Oppositionsführer Mir Hussein Moussavi, den wichtigsten Herausforderer Ahmadinejads bei der Präsidentenwahl: Er hatte versucht, im Auto zum Grab der bei Protesten vor 40 Tagen umgekommenen Studentin Neda Agha-Soltan vorzudringen – Videoaufnahmen von ihrem Sterben kursieren im Internet. Die Eltern hatten zu der Trauerfeier geladen. Die Regierung hatte aber zuvor öffentliche Trauerkundgebungen für die Opfer der Proteste verboten.

„Tod dem Diktator“

Moussavi konnte aussteigen und das Grab erreichen, wurde aber sehr rasch von Sicherheitskräften umzingelt und in sein Fahrzeug zurückgedrängt. Die Polizei trieb danach eine Menge auseinander, die sich zum Schutze des Politikers um dessen Wagen geschart hatte und Sprüche wie „Tod dem Diktator“ (gemeint war Religionsführer Khamenei) deklamierte. Der Wagen fuhr danach mit unbekanntem Ziel weg.

Bei den Unruhen im Iran seit dem Wahltag am 12. Juni sind bisher mindestens 30 Menschen umgekommen – diese Zahl nannte am Mittwoch Farhad Tajari, Mitglied des Justizausschusses des Parlaments in Teheran, nach Angaben der Nachrichtenagentur ILNA. Zuvor war in den von offiziellen Stellen veröffentlichten Opferbilanzen immer von 20 Todesopfern die Rede gewesen.

Am Donnerstag kam jedenfalls ein weiteres Todesopfer hinzu: Ramin Ghahremani, ein 30-Jähriger, erlag nach den Angaben seiner Familie Verletzungen, die ihm im Zuge einer 15-tägigen Haft in einem Teheraner Gefängnis zugefügt worden seien.

Er sei dort gefoltert worden, man habe ihn unter anderem tagelang an den Füßen aufgehängt, behauptet seine Mutter; dabei dürfe sie auf Anordnung der Behörden keine Details zu der ganzen Sache preisgeben.

Am Donnerstag kam derweil der iranische Reformpolitiker Saeed Hajjarian aus dem Gefängnis frei; er sei zu einem „Haus in Regierungsbesitz“ gebracht worden und werde dort medizinisch betreut, hieß es. Hajjarian war Mitte Juni verhaftet worden.

Proteste auch in Österreich

Exiliraner haben am Donnerstagabend in mehreren Ländern der getöteten Studentin Neda gedacht und gegen Irans Regierung protestiert, darunter in Wien: Hier versammelten sich viele Menschen vor der UNO-City mit Kerzen zu einem Lichtermeer. Der „Ruf nach Demokratie, Freiheit und Menschenrechten im Iran darf auch Wochen nach den manipulierten Präsidentenwahlen nicht verstummen“, so die Organisatoren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.