Afghanistan: Taliban-Chef von US-Drohne getötet

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US-Präsident Obama genehmigte persönlich die Ermordung von Mullah Ahtar Mansour. Die Taliban hatten zuletzt an Schlagkraft gewonnen.

Kabul/Washington. US-Militärs haben mit einem gezielten Drohnenangriff am Wochenende Taliban-Führer Mullah Ahtar Mansour im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet getötet. Das bestätigten am Sonntag der afghanische Geheimdienst NDS und der Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah. Nachdem ein Taliban-Sprecher behauptet hatte, der Anführer der radikalen islamistischen Gruppe sei noch am Leben, wurden in Kabul Fotos von der verstümmelten Leiche veröffentlicht. Sie sind freilich wenig aussagekräftig. Mansur ist darauf nicht erkennbar.
Laut US-Offizieren erfolgte der Angriff auf das Fahrzeug, in dem sich neben Mansur noch weitere Personen befunden hatten, am Samstagnachmittag in einem entlegenen Gebiet nahe der pakistanischen Stadt Quetta. Mehrere Drohnen hätten das Auto beschossen. US-Präsident Barack Obama soll persönlich den Angriff genehmigt haben.

US-Außenminister John Kerry begründete die Tötung mit einer aktuellen Gefahr für US-Soldaten. Bei einem Besuch in Myanmar sagte Kerry, Mansour sei eine „unmittelbare Bedrohung für US-Mannschaften, afghanische Zivilisten und afghanische Sicherheitskräfte“ gewesen. Er erinnerte zudem auch daran, dass sich der Taliban-Führer im Juli 2015 geweigert hatte, an Friedensverhandlungen mit der afghanischen Regierung teilzunehmen. In einer Pentagon-Mitteilung wird Mansour für den Tod Tausender Zivilisten und Sicherheitskräfte verantwortlich gemacht. Er sei aktiv an der Planung von Angriffen gegen Einrichtungen in Kabul und anderen Teilen des Landes beteiligt gewesen.

Spekulationen über Nachfolger

Mansour hat Ende Juli 2015 offiziell die Führung der Taliban übernommen, danach tobten blutige interne Machtkämpfe unter den Taliban. Im Geheimen hat er die Islamisten schon länger angeführt: Sein Vorgänger, Mullah Omar, so stellte sich nämlich damals heraus, war schon zwei Jahre lang tot, bevor sein Ableben verkündet wurde. Mansur und andere aus dem Führungsgremium haben den Tod aus Angst vor Machtkämpfen verschwiegen.
Mansour, der auf Mitte 40 geschätzt wird, war schon einflussreich, als die radikalislamischen Taliban zwischen 1996 und 2001 in Afghanistan herrschten. Er wurde zuerst Flughafenchef der großen südafghanischen Stadt Kandahar, später Minister für den Flugverkehr. Er war somit nicht nur für die staatliche Fluglinie Ariana zuständig, sondern auch für die Luftwaffe des Landes, die allerdings damals nur aus ein paar alten Flugzeugen und Hubschraubern bestand.

Als ein möglicher Nachfolger an der Taliban-Spitze wird Siradschuddin Hakkani genannt, der Anführer eines Netzwerks, das für die jüngsten Attentate verantwortlich ist. Auch er gilt als Gegner von Friedensverhandlungen.
Die Gespräche zwischen den Islamisten und der Regierung sind nach dem Selbstmordanschlag in der Hauptstadt Kabul im April ins Stocken geraten. Ein Sprecher des afghanischen Präsidenten, Aschraf Ghani, rief die Taliban nun auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. „Unsere Hoffnung ist, dass angesichts dieser neuen Entwicklung der von Afghanistan angeführte Friedensprozess anhaltenden Frieden und Stabilität bringt“, sagte er.

Die Schlagkraft der Islamisten am Hindukusch war zuletzt ungebrochen. Laut Experten sind mehr als 100 der rund 400 Bezirke des Landes entweder in der Hand der Taliban oder dauerhaft umkämpft. Die Zahl der zivilen Opfer lag für das gesamte vergangene Jahr laut UN-Angaben bei 11.000.

Am Freitag hat die NATO beschlossen, dass der aktuelle Einsatz in Afghanistan auch im kommenden Jahr fortgesetzt wird. (ag.)

(APA/dpa/AFP)

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