Vier Kampfhubschrauber und etwa 20 Lkw wurden bei Bränden und Explosionen auf einer Luftwaffenbasis nahe Palmyra zerstört. Als vermutlicher Grund gilt Beschuss durch den "Islamischen Staat" IS.
Die russischen Interventionstruppen in Syrien haben vor kurzem ihre wohl größten bekannten Verluste an einem Tag einstecken müssen: Auf der Luftwaffenbasis „T4" beim Städtchen Tiyas, etwa auf halbem Weg zwischen Homs und der antiken Stadt Palmyra in Zentralsyrien, wurden, wie nun bekannt wurde, Mitte Mai mindestens vier Kampfhubschrauber und 20 Lkw des dortigen russischen Kontingents zerstört. Die Zahl der menschlichen Opfer ist unbekannt.
Laut mehreren Berichten, die auch in oppositionellen russischen Medien erschienen, gab es ein Feuer, das sich auf Fahrzeuge und Treibstofftanks ausweitete. Folgeexplosionen hätten dann die nebeneinander auf dem Rollfeld geparkten Helikopter Mi-24 „Hind“ zerstört.
Moskau schwieg bis vor kurzem zu dem Vorfall, doch will die militärische US-Analyseplattform "Stratfor" diesen mit Satellitenfotos privater Anbieter belegen. Diese zeigen, siehe unten, tatsächlich am 14. Mai die betreffenden Fluggeräte und Fahrzeuge intakt; auf Fotos vom 17. Mai sind sie dann aber zerstört und ausgebrannt. Dazu sieht man in weitem Umkreis verkohlte Flächen, beschädigte Gebäude, sternförmige Explosionsspuren und verstreute Geschosskrater. Letztere zwei Phänomene deuten auf vorherigen Beschuss mit Raketen oder Granaten hin.
Und hier dasselbe im Detail:
Und:
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau richtete mittlerweile aus, dass "die verbrannte Luftwaffen- und Fahrzeugausrüstung sowie die vielen Granattrichter schon seit mehreren Monaten dort sind. Es ist das Ergebnis schwerer Kämpfe um das Aerodrom zwischen syrischen Regierungstruppen und Militanten von Terrorgruppen." Ansonsten seien die Berichte falsch und würden von "IS-Agitatoren" gestreut. Wieso die sichtbaren Zerstörungen und Granattrichter aber offensichtlich erst nach dem 14. Mai aufgetreten sind, erklärte der Sprecher nicht.
Russische Agentur spricht von Granatbeschuss
Zudem hat mittlerweile die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti den Vorfall im Grunde bestätigt: "Die Ursache des Feuers ist unbekannt", heißt es. "Es brach in der Nähe der Hubschrauber aus, Feuerwehrfahrzeuge konnten wegen eines plötzlichen Granatwerferangriffs von Terroristen nicht zum Brandherd gelangen." Es sei aber niemand verletzt worden.
In der Tat behauptete die Jihadistenmiliz IS kurz nach dem 14. Mai, die Basis T4 beschossen zu haben. Diese ist eine der wichtigsten Luftwaffenbasen des Assad-Regimes in Zentralsyrien, rund 60 km westlich von Palmyra. Zuletzt waren dort, unterschiedlichen Angaben zufolge, zwei bis vier Staffeln der Luftwaffe mit alten Jagdbombern Suchoi Su-22 "Fitter", Frontbombern bzw. schweren Jagdbombern Su-24 "Fencer" und Abfangjägern/Aufklärern MiG-25 "Foxbat" von Mikoyan-Gurevich stationiert. Die Einsatzstärke ist nicht bekannt, es könnten je nach Staffelzahl und -Stärke theoretisch 24 bis 96 Jets sein.
Allerdings sind fast alle Foxbats der Syrer, diese extrem schnell fliegenden Jäger (maximal mehr als 3000 km/h), nicht mehr flugbereit. "World Air Forces 2016" listet als solches nur mehr zwei MiG-25 auf. Von den Fitters gelten 42 als einsatztauglich, von den Fencers 18, sodass sich die Disposition in Tiyas allein insgesamt eher im unteren Schätzbereich befinden dürfte.
Hin und her bei Palmyra
Erst im März hatten Regimetruppen und Verbündete - darunter libanesische Hisbollah, Palästinenser, Iraner und Russen - das nahe Palmyra vom IS zurückerobert. T4 spielte dabei naturgemäß eine wesentliche Rolle für Luftunterstützung und Versorgungsflüge. Dann aber trug Anfang Mai der IS einen überraschenden Gegenstoß an der Nordflanke Palmyras vor, mit dem Ziel, die Straße zwischen Palmyra und Tiyas zu unterbrechen und im Extremfall die Regierungseinheiten in Palmyra abzuschneiden.
Beides gelang nicht. Aber währenddessen muss T4, so heißt es auch seitens Stratfor, zeitweise in Schussweite der Dschihadisten gekommen sein. Das würde allerdings auch demonstrieren, wie löchrig die Kontrolle des Regimes über vermeintlich (wieder) gesichertes Gebiet ist.