Kommt der Schuldenschnitt?

Schuldenerleichterungen für Griechenland
Schuldenerleichterungen für Griechenland imago/Rainer Unkel
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Athen bekommt die nächste Milliardenhilfe – und die Aussicht auf Schuldenerleichterungen. Um sie wird hinter den Kulissen aber heftig gerungen.

Brüssel. Elf Stunden dauerte der Verhandlungsmarathon. In der Nacht auf Mittwoch gaben die Euro-Finanzminister dann nach monatelangem Ringen grünes Licht für die nächste Hilfstranche an das überschuldete Griechenland. Die ersten 7,5 von insgesamt 10,3 Milliarden Euro sollen noch „im Juni“ fließen.

Doch der Konsens unter den Geldgebern – den Euroländern und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) – ist enden wollend. Um den IWF im laufenden Rettungsprogramm weiter an Bord zu halten, sagten die Europartner der Regierung in Athen deutliche Schuldenerleichterungen zu. Sie knüpfen diese allerdings an das Auslaufen des gesamten bis zu 86 Milliarden Euro schweren Hilfsprogramms Mitte 2018. Deutschlands Finanzminister, Wolfgang Schäuble, der sich besonders für eine Weiterführung der Kooperation mit dem IWF eingesetzt hat, soll die IWF-Verhandler gemeinsam mit anderen laut Diplomaten davon abgebracht haben, Schuldenerleichterungen für Griechenland sofort in großem Stil durchzusetzen.

Nachdem in Brüssel der neue Geldfluss verkündet wurde, scheinen die Vorbehalte des IWF gegen das weitere Vorgehen nicht ausgeräumt. Zwar sagte Europadirektor Poul Thomsen in Brüssel: „Wir begrüßen, dass nun alle Beteiligten anerkennen, dass die griechischen Schulden nicht tragfähig sind.“ Ein anderer hochrangiger IWF-Vertreter machte wenig später in Washington jedoch deutlich, dass man mit den europäischen Zusagen in puncto Schuldenerleichterungen noch nicht vollauf zufrieden ist. „Angemessene Zusicherungen“ seien erst noch notwendig. Und die Maßnahmen müssten beziffert werden. Er hoffe, dass dies bis Jahresende gelinge.

IWF-Beteiligung in der Schwebe

Ob sich der IWF an der anstehenden Hilfstranche beteiligt, scheint erst gegen Jahresende endgültig festzustehen. Euro-Gruppe-Chef Jeroen Dijsselbloem sagte in der Verhandlungsnacht, dass die dortigen Experten nun eine Teilnahme an dem Hilfsprogramm empfehlen würden. Das letzte Wort hat aber das Leitungsgremium des Fonds. Und das entscheidet erst nach einer neuerlichen Analyse der aktuellen Schuldentragfähigkeit Griechenlands Ende 2016. Gefragt, ob sich Dijsselbloem bei der IWF-Beteiligung hundertprozentig sicher sei, antwortete dieser: „Nein. Sie haben ihre eigenen Regeln.“

Die Euro-Gruppe nannte zwar konkret kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen für mögliche milliardenschwere Schuldenerleichterungen. Sie umfassen etwa die Weitergabe von Gewinnen der Europäischen Zentralbank mit griechischen Staatsanleihen sowie den Einsatz von ungenutzten Milliarden zur Bankenrekapitalisierung, um Darlehen in zinsgünstigere Kredite beim Euro-Rettungsfonds ESM umzuschulden. Nichts ist aber bisher konkret beschlossen. Dies soll erst am Ende des Hilfsprogramms Mitte 2018 passieren. Lediglich der Rettungsfonds ESM soll praktisch ab sofort durch besseres Schuldenmanagement versuchen, die Zinsbelastung für Athen auf lange Sicht zu senken.

Die beschlossene Geldtranche kam rechtzeitig vor dem G7-Gipfel der führenden Wirtschaftsnationen in Japan. Dieser begann gestern, Donnerstag. Europas Spitzen wollten dem Vernehmen nach vermeiden, in der Toprunde wegen der griechischen Schuldenkrise wieder am Pranger zu stehen. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2016)

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