Die Armee ist in die von der Terrormiliz kontrollierte Stadt eingedrungen. Eine Rückeroberung hätte großen symbolischen Wert.
Bagdad/Falluja. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gerät im Irak immer stärker unter Druck. Am Montag drangen Eliteeinheiten der Armee in die vom IS kontrollierte Stadt Falluja ein. Die irakischen Soldaten erhielten dabei Luftunterstützung von der internationalen Militärkoalition. Die Sunniten-Hochburg, nur 60 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Bagdad, befindet sich seit Jahren in der Hand der Jihadisten.
Vor etwa einer Woche hat das Militär eine Offensive zur Rückeroberung der Stadt gestartet. Schätzungsweise 50.000 Zivilisten sollen dort eingeschlossen sein. Nach UN-Angaben hindert der IS die Bewohner daran, Falluja zu verlassen. Diejenigen, denen dennoch die Flucht gelang, berichteten, dass einige Menschen bereits verhungert seien.
Der IS beantwortete die Offensive mit einer Anschlagsserie in Bagdad. Die Terrormiliz übernahm am Montag in Online-Postings die Verantwortung für zwei Selbstmordattentate in den schiitisch dominierten Stadtteilen Shaab und Sadr City, bei denen insgesamt mindestens 14 Menschen starben. Wer hinter einem dritten Anschlag im sunnitisch dominierten Vorort Tarmiya mit mindestens sieben Opfern steckte, blieb zunächst unklar. Im Internet gab der IS an, die Anschläge hätten schiitischen Milizen gegolten.
Falluja war die erste irakische Stadt, die der IS im Jänner 2014 unter seine Kontrolle bringen konnte – ein halbes Jahr, bevor der selbst ernannte Herrscher des Islamischen Staates, Abu Bakr al-Baghdadi, sein „Kalifat“ ausrief. Nach Mossul ist sie die wichtigste Bastion der Jihadisten im Irak. Eine Rückeroberung hätte große symbolische Bedeutung.
Offensive inmitten von Spannungen
Ein Armeesprecher erklärte, Antiterroreinheiten seien von drei Seiten in die Metropole eingedrungen. Der IS soll dort über fast 2000 Kämpfer und viele Unterstützer verfügen. Die Offensive ist umstritten, weil schiitische Milizverbände beteiligt sind. In Falluja und der Provinz Anbar leben überwiegend Sunniten. Es gibt seit Langem Spannungen zwischen den muslimischen Konfessionen: Die sunnitische Minderheit fühlt sich von der schiitischen Mehrheit diskriminiert. Davon profitiert der sunnitische IS. (Reuters, DPA, red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2016)