Kurz verteidigt "Australien-Vorstoß"

Sebastian Kurz
Sebastian KurzDie Presse/Clemens Fabry
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Der Außenminister ortet in der Flüchtlingsdebatte Zynismus und Scheinheiligkeit.

Flüchtlinge abschrecken und notfalls auf Inseln festhalten? Dieser Vorschlag von Außenminister Sebastian Kurz in der „Presse am Sonntag“ vor einer Woche löste heftige Reaktionen in ganz Europa aus, der Bürgermeister der griechischen Insel Lesbos sprach gar von einer „Kriegserklärung“. In seiner Rede vor dem Europaforum Wachau im Stift Göttweig am Samstag ging Kurz dann wieder in die Offensive und warf seinen europäischen Kollegen Zynismus und Scheinheiligkeit vor.

Denn zynisch sei es, den Menschen zu signalisieren, dass es in Europa uneingeschränkte Möglichkeiten gebe. Zynisch sei es auch, Schleppern die Entscheidung zu überlassen, wer es nach Europa schaffe und wer nicht, sagte Kurz laut Redetext. „Ich halte es für scheinheilig, wenn wir uns in die Abhängigkeit von Nachbarstaaten wie der Türkei begeben, damit sie quasi unsere Arbeit erledigen.“

Die Empörung entzündete sich vor allem an der Tatsache, dass der Außenminister Australien als mögliches Vorbild genannt hatte. Die restriktive Flüchtlingspolitik Canberras ist höchst umstritten. Flüchtlingsboote werden auf dem Meer abgefangen, die Menschen zurückgeschickt oder in Zentren in Nauru und Papua-Neuguinea interniert. Kurz: „Ich wurde zum Teil bewusst falsch verstanden. Ich habe von Anfang gesagt, dass das Modell nicht eins zu eins auf Europa übertragbar ist.“

Kurz verwies im Stift Göttweig auf die Maßnahmen Spaniens, als vor Jahren Tausende aus dem Senegal und Mauretanien auf die Kanarischen Inseln kamen: gemeinsame Seepatrouillen, finanzielle Hilfe für die Rücknahme der Migranten und Möglichkeiten der legalen Einreise. Nun sei die Atlantikroute dicht. „Ich frage mich: Warum sollte im Mittelmeer nicht gelingen, was im Atlantik gelungen ist?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2016)

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