Eine Große Koalition für Spanien?

Ein Wahlsieg ohne Perspektive: PP-Chef Mariano Rajoy (Mitte) mit Vizeregierungschefin Soraya Saenz de Santa Maria, Gattin Elvira Fernandez, PP-Generalsekretärin Maria Dolores de Cospedal und PP-Mitglied Cristina Cifuentes.
Ein Wahlsieg ohne Perspektive: PP-Chef Mariano Rajoy (Mitte) mit Vizeregierungschefin Soraya Saenz de Santa Maria, Gattin Elvira Fernandez, PP-Generalsekretärin Maria Dolores de Cospedal und PP-Mitglied Cristina Cifuentes.APA/AFP/JOSE JORDAN
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Spanien steht nach den Neuwahlen erneut vor schweren Koalitionsverhandlungen. Die konservativen Wahlsieger von Premier Rajoy wollen mit den Sozialisten reden.

Ministerpräsident Mariano Rajoy will nach seinem Erfolg bei der Neuwahl des Parlaments zuerst mit den Sozialisten (PSOE) über eine mögliche Formel für eine Regierungsbildung sprechen. "Ich werde Gespräche mit allen politischen Kräften führen, aber zuerst mit der PSOE", sagte der konservative Regierungschef am Montag dem Radiosender Cadena Cope.

"Bei grundsätzlichen Themen benötigen wir die Unterstützung der Sozialisten." Rajoys Volkspartei (PP) hatte bei der Neuwahl ihre Position als stärkste Kraft ausgebaut, die absolute Mehrheit im Parlament aber weit verfehlt. Die PSOE hatte eine Große Koalition mit den Konservativen nach deutschem Vorbild bisher strikt abgelehnt.

Feier mit Podemos-Slogan

Nach dem Sieg der konservativen Volkspartei (PP) bei den spanischen Parlamentswahlen hat in der Nacht auf Montag Feststimmung vor der Parteizentrale in der Madrider Genova-Straße geherrscht. Tausende Anhänger waren gekommen, um Wahlsieger Mariano Rajoy zu feiern. Sie schwenken die blauen Parteifahnen, spanische Nationalflaggen und Europafahnen.

"Presidente, Presidente" singt die Masse, als der amtierende Ministerpräsident den Balkon der Parteizentrale betritt. Minutenlang kommt er nicht zu Wort, wird immer wieder beim Versuch, das Wort zu ergreifen, unterbrochen. Die Spruchgesänge wechseln im Sekundentakt. "Wie könnte ich Dich nicht lieben" singen die Parteianhänger in Anlehnung an ein bekanntestes Lied, mit dem normalerweise die Fußballfans von Real Madrid ihren Verein feiern. Gleich darauf greifen sie den bekannten Slogan der linkspopulistischen Partei "Podemos" (Wir können) auf und skandieren: "Si se puede" (Ja, wir können).

14 Mandate mehr für Rajoy und PP

Rajoy winkt der Masse zu, sagt, wie stolz er auf seine Partei und sein Land sei. Viel mehr kommt nicht. Nahezu emotionslos feiert er seinen Wahlsieg. Eigentlich hätte er guten Grund gehabt, sich mehr zu freuen. Er musste Spanien mit unpopulären Maßnahmen aus der Wirtschaftskrise führen. Zahlreiche Korruptionsskandale kratzten am Ansehen seiner Volkspartei. Dennoch konnte er das Ergebnis seiner Partei im Vergleich zu den letzten Parlamentswahlen vom 20. Dezember 2015 sogar noch von 123 auf 137 Mandate verbessern.

"Als stärkste Partei haben wir das Recht, zu regieren", sagt der amtierende Ministerpräsident vor seinen jubelnden Anhängern in Madrid. Überzeugend klingt er nicht. Er scheint sich bewusst zu sein, dass selbst dieser Wahlsieg ihm nicht garantieren wird, auch wirklich eine Regierung bilden zu können.

Machtverhältnisse bleiben gleich

Zwar mussten die Sozialisten (PSOE) von Oppositionsführer Pedro Sanchez erneut Wahlverluste hinnehmen und kamen nur auf 85 Sitze. Und selbst das linke Parteienbündnis Unidos Podemos (Gemeinsam schaffen wir es), konnte sich nur um zwei Sitze auf 71 Mandate verbessern. Dennoch ist das Parlament weiterhin in ein fast gleichstarkes linkes und rechtes Lager geteilt. Die harten ideologischen Gegensätze zwischen beiden Lagern, aber auch innerhalb dieser Lager machten eine Regierungsbildung nach den Wahlen im Dezember unmöglich. Anfang Mai musste König Felipe VI. Neuwahlen ausrufen.

Doch die Mehrheitsverhältnisse änderten sich am Sonntag nicht sonderlich, zumal die konservativen Liberalen der "Bürger"-Partei Ciudadanos von 40 auf 32 Sitze abrutschten. Nun stehen Spanien erneut eine politische Hängepartie und komplizierte Koalitionsgespräche bevor.

Schuldzuweisungen

Vor seinen Anhängern schloss Sozialistenchef Sanchez bereits am Wahlabend eine Große Koalition mit den Konservativen aus und gab vor allem Podemos-Spitzenkandidat Pablo Iglesias die Schuld dafür, dass die Konservativen in Spanien weiterregieren können, weil dieser Sanchez die Unterstützung bei der Suche einer linken Regierungsmehrheit verweigert hatte. Sanchez, der den historischen Tiefstand seiner Partei vom Dezember noch einmal unterbot, feierte es hingegen als Sieg, dass es den Linkspopulisten nicht gelungen sei, die Sozialisten als linke Alternative in Spanien abzulösen - so wie es eigentlich alle Umfragen vorausgesehen hatten.

Die Angstkampagne der Konservativen gegen die "linkspopulistischen Abenteuer" von Unidos Podemos und die Warnung vor "griechischen Verhältnissen" scheinen gerade unter dem Schock über den britischen Brexit viele Spanier dazu beflügelt zu haben, den Konservativen ihre Stimme zu geben, die mit "Stabilität innerhalb Europas" für sich warben.

(APA)

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