Türkei und Israel: Eine diplomatische Annäherung

Der Einsatz der israelischen Marine auf der ''Mavi Marmara'' löste heftige diplomatische Differenzen aus - hier auf einem Archivbild aus dem Jahr 2010.
Der Einsatz der israelischen Marine auf der ''Mavi Marmara'' löste heftige diplomatische Differenzen aus - hier auf einem Archivbild aus dem Jahr 2010.REUTERS
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Nach jahrelangem Streit wollen Israel und die Türkei ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufnehmen. Israel nimmt dafür auch Geld in die Hand.

Regierungskreise in Ankara haben eine Einigung mit Israel auf eine Normalisierung der Beziehungen nach jahrelangem Streit bestätigt. "Die Vereinbarung stellt einen diplomatischen Sieg für die Türkei dar", sagte ein Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte. "Die Türkei wird den Palästinenserstaat und das palästinensische Volk weiterhin unterstützen."

Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas habe die Vereinbarung am Sonntagabend in einem Gespräch mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan begrüßt, hieß es weiter. Auch die radikal-islamische Hamas habe bei den Verhandlungen ihre Unterstützung der Türkei geäußert. "Zur Hamas gibt es in der Vereinbarungen überhaupt keine Bezüge."

Kompensation im Fall "Mavi Marmara"

In Rom hatten sich am Sonntag Delegationen beider Seiten getroffen, um letzte Details auszuarbeiten. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu erwartet positive Auswirkungen auf die Wirtschaft seines Landes durch die vereinbarte Normalisierung der Beziehungen mit der Türkei. Das Abkommen, auf das sich Vertreter beider Staaten am Sonntag geeinigt hatten, sei "ein wichtiger Schritt", sagte Netanyahu am Montag in Rom, wo er mit US-Außenminister John Kerry zusammengetroffen war. Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim wollte am Montag in Ankara vor die Presse treten. Einzelheiten sollten zu Mittag erläutert werden.

Aus israelischen Regierungskreisen hieß es, Angehörige von zehn Türken, die 2010 bei einem Einsatz der israelischen Marine auf der "Mavi Marmara" getötet worden waren, sollten mit rund 20 Millionen Dollar entschädigt werden. Damit seien alle Klagen gegen Israel hinfällig. Der türkische Regierungsvertreter bestätigte, dass man sich auf eine Kompensation im Fall der "Mavi Marmara" geeinigt habe.

Die Vereinbarung gestattet der Türkei zudem Hilfslieferungen in den Gazastreifen sowie den Bau von Infrastruktureinrichtungen dort. Sie könnte zudem den Weg für lukrative Geschäfte mit Erdgas aus dem Mittelmeer ebnen, das vor der Küste Israels gefunden wurde.

Die Erstürmung der 'Mavi Marmara'

Die Erstürmung des Hilfsschiffs "Mavi Marmara" am 31. Mai 2010 brachte die einst guten Beziehungen zwischen Israel und der Türkei auf einen Tiefpunkt. Neun propalästinensische Aktivisten - acht Türken und ein türkischstämmiger US-Bürger - wurden getötet, als israelische Soldaten das Leitschiff einer internationalen Flotte auf dem Weg zum Gazastreifen gewaltsam stoppten.

Ein weiterer Türke starb vier Jahre später an den Folgen seiner Verletzungen. Die islamisch-türkische Stiftung für humanitäre Hilfe (IHH) hatte die "Mavi Marmara" gechartert. Als Teil einer "Solidaritätsflotte" sollte sie Israels Seeblockade des Gazastreifens durchbrechen und 10.000 Tonnen Hilfsgüter zu den Palästinensern bringen.

Die israelischen Streitkräfte machten gewaltbereite Aktivisten für den blutigen Ausgang verantwortlich. Die türkische Regierung sah dagegen die Aktivisten, die sich in internationalen Gewässern gegen einen Angriff gewehrt hätten, im Recht.

In einem UN-Bericht von 2011 wurde Israels Seeblockade als "rechtmäßig und angemessen" bezeichnet. Der Militäreinsatz gegen die Hilfsflotte wurde aber als "maßlos und unangebracht" eingestuft.

(APA/dpa)

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