USA: Rückschlag für Korruptionsbekämpfung

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Amerikas Höchstrichter erklären die Verurteilung des früheren Gouverneurs von Virginia wegen Bestechung für verfassungswidrig. Das könnte die Urteile gegen mehrere hochrangige Politiker zunichtemachen.

Washington. Der Unternehmer gab, der Gouverneur und seine Gattin nahmen. Zinslose Darlehen über Zehntausende Dollar; das Hochzeitsbuffet der Tochter; einen Einkaufsausflug nach New York; Spritztouren im Ferrari; zur Draufgabe eine Rolex: Die Zuwendungen des Unternehmers Jonnie Williams Sr. an den damaligen Gouverneur von Virginia, Robert McDonnell, und seine Ehefrau Maureen beliefen sich in Summe auf knapp 177.000 Dollar (161.000 Euro).

Im Gegenzug überließ McDonnell Williams' Firma Star Scientific die amtliche Gouverneursvilla in Richmond für einen Empfang, um ihr Produkt zu bewerben, einen auf Tabak basierenden Nahrungsmittelzusatz. McDonnell arrangierte Treffen zwischen Williams und Amtsträgern des Teilstaates Virginia, die für Fragen der Gesundheits- und Wissenschaftspolitik zuständig waren. Williams wollte das Amtssiegel für sein Produkt, begehrte klinische Tests durch Virginias öffentliche Universitäten.

Geschmacklos, aber erlaubt

Doch der begehrte staatliche Rückenwind für sein Produkt kam nicht. McDonnell erteilte keine Weisungen an seine Beamten, Star Scientific zu protegieren. Und darum war seine Verurteilung im Jänner 2015 zu einer zweijährigen Haftstrafe wegen Korruption nach Ansicht aller acht Richter des Supreme Courts verfassungswidrig.

„Es gibt keinen Zweifel, dass dieser Fall widerlich ist; er mag sogar schlimmer als das sein“, schrieb John Roberts, der Präsident des amerikanischen Höchstgerichts, am Montag in der Begründung des Urteils. „Doch unsere Sorge gilt nicht geschmacklosen Geschichten von Ferraris, Rolex-Uhren und Ballkleidern. Sie gilt stattdessen den weiteren rechtlichen Folgen der grenzenlosen Interpretation des Bundesgesetzes über Bestechung durch die Regierung.“

Das Resümee der Höchstrichter lautet so: Das Gewähren von Gesprächsterminen, die Veranstaltung von Empfängen oder die Weiterleitung der Kontaktdaten von Ansprechpersonen in der öffentlichen Verwaltung seien, für sich genommen, allesamt keine amtlichen Akte. Darum sei der enge Tatbestand der Bestechung nicht erfüllt.

McDonnell ist somit ein freier Mann, die Aufhebung der einjährigen Haftstrafe für seine Gattin bloß Formsache. Für den Kampf gegen bestechliche Politiker ist dieses Urteil ein schwerer Rückschlag. Die Anwälte von Politikern beider Parteien, die wegen Bestechung bereits verurteilt oder angeklagt sind, reagierten erfreut auf McDonnells höchstrichterlichen Freispruch. Die prominentesten Fälle: der vor einem Monat zu fünf Jahren Gefängnis verurteilte Republikaner Dean Skelos, früherer Vorsitzender des Senats von New York, der Gesetze vorantrieb, die Firmen nutzten, welche Schmiergeld an seinen Sohn gezahlt hatten; der Demokrat Sheldon Silver, einstiger Präsident des Abgeordnetenhauses von New York, wegen der Annahme von Millionenbeträgen zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt; und Robert Menendez, einst demokratischer Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses im US-Senat, der auf sein Strafverfahren wartet, weil er den Geschäftsinteressen eines befreundeten Arztes gegenüber allzu aufgeschlossen war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2016)

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